„Komm mit, Moritz“ von Dieter Wiesmüller

„Komm mit, Moritz“ von Dieter Wiesmüller

„Die besten Seeräubergeschichten“ ist verschwunden. Das Buch mit dem roten Umschlag. Das Lieblingsbuch von Moritz! Doch bevor Moritz lange Trübsal blasen kann, reißt ihn eine Stimme aus seinen Gedanken: „Ahoi, Moritz!“ Und ehe er sich versieht, klettert er an einer Strickleiter hinauf. Hinauf an Bord des Luftschiffes der schwarzhaarigen Lissi.

Lissi jagd mit ihrer tierischen Mannschaft einen Schatz, der ihnen vom berüchtigten Seeräuber Grimmbart gestohlen wurde. Mit List luchsen die Kinder den grausigen Piraten den Schatz wieder ab. Ganz nach Piratenart geht auch Moritz nicht leer aus. Denn auch er bekommt seinen Anteil. Seinen ganz persönlichen Schatz.

Atemberaubenden Illustrationen

„Komm mit, Moritz“ von Dieter Wiesmüller
„Komm mit, Moritz“

Wie nur, ja wie konnte dieses Kinderbuch bisher unbemerkt an mir vorbeigehen? Zwar duftet diese wundervolle Ausgabe des Atlantis Verlags druckfrisch, doch erblickte „Komm mit, Moritz“ schon 1988 das Licht der Welt. Sein Schöpfer Dieter Wiesmüller erhielt schon 1990 den 1. Preis des Troisdorfer Bilderbuchpreises für seine außergewöhnliche Bildergeschichte. Und ich? Ich entdeckte sie erst dieses Jahr als ich in der Herbstvorschau des Verlages blätterte.

Ein klarer Fall von „Besser spät als nie“. So kommen zumindest meine Kinder schon im passenden Alter in den Genuss dieses modernen Klassikers. Wobei…ich weiß gar nicht, ob meine Jungs die atemberaubenden Illustrationen des Hamburgers zu schätzen wissen.

Denn die großformatigen Buntstiftgemälde dieses Kinderbuches sind ganz hohe Zeichenkunst. Teilweise wirken Landschaften und Städte fast fotorealistisch. Dagegen ragen die Piraten als überzeichnete Graphic Novel-Charaktere hervor. Allein wie Wiesmüller Licht und Schatten inszeniert, imponiert mir Kunstdilettantin enorm. In den atmosphärischen Traumlandschaften könnte ich Nächte lang wandeln.

Ganz besondere Schätze

Gut, Chef (7) und Vize (fast 4) finden die Bilder mit eigenen Worten „schön“. ? Allerdings würde ich schon behaupten, dass sie die Zeichnungen fasziniert betrachteten. Durch sie tief in das Geschehen abtauchten. Wegen ihnen so sehr mit fieberten. Und das taten sie.

Welch Abenteuer! Mitten in der Nacht auf einem Luftschiff durch Sturm und Wald und übers Meer zu reisen. Zu einer gefährlichen Piratenhorde. Um ihnen einen Schatz zu stehlen. Wie aufregend. Wie verwegen!

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„Agentin Yeshi“ von Gabriela Kasperski

„Agentin Yeshi“ von Gabriela Kasperski
„Agentin Yeshi“

Die Herbstferien verbrachte die zehnjährige Yeshi bei ihrem Herzpapa in London. Dort lebt er seit einer Weile. Tja, und da verlor Yeshi ihren Papa in der Tube-U-Bahn. Doch dann fand sie ganz allein zum London Eye. Da wollten sie nämlich hin. Ganz agentenmäßig schaffte Yeshi das. Traf ihren Papa und alles ging gut.

Zurück in der Schweizer Großstadt muss sie nun all ihre Agentenkräfte mobilisieren. Denn die neue Klassen-Queen Liv meint, Prinzessinnen wären alle weiß. Deswegen könne Yeshi mit ihrer braunen Haut auf gar keinen Fall die Hauptrolle in der Weihnachtsaufführung spielen. Das sei nun mal so.

„Agentin Yeshi“ von Gabriela Kasperski

Aber Yeshi wäre nicht Yeshi, wenn sie einfach klein beigeben würde. Nach einer gründlichen Recherche zum Thema dunkelhäutige Prinzessinnen, schreib Yeshi kurzerhand ein eigenes Weihnachtsstück. Zwar sind ihre besten Freunde gerade keine große Hilfe – Doro hat nur noch Fußball im Kopf; Lian trainiert die ganze Zeit für die Aufnahmeprüfung auf der Tanzschule… Doch Yeshi packt das. Im Yeshi-Style.

Schlaue Gedanken und kindliche Weisheit

„Agentin Yeshi“ von Gabriela Kasperski

Yeshi springt uns vom „Agentin Yeshi“-Cover entgegen. Ein wildes Lächeln im Gesicht und mit fliegenden Zöpfen. So platzt Yeshi mit ihrer Offenheit, ihren schlauen Gedanken und ihrer kindlichen Weisheit in unser Leben. In unsere Herzen. Ihrer Spontanität, Herzenswärme und sprudelndem Übermut kann man sich einfach nicht entziehen.

Ihr Flatterherz denkt von den Menschen immer das Beste und gibt auch gerne zweite Chancen. Sie ist ein glitzerluftiges Supermädchen, das alle Herausforderungen bewältigt. Mit ihrem Tanzfuß, ihrer Fantasie und letztendlich auch mit ihren Freunden.

Genau die richtige Mischung

Gabriela Kasperskis zweiter „Yeshi“-Band gefiel mir richtig, richtig gut. Fand ich den Ersten („Einfach Yeshi“) etwas zu Problem beladen, trifft der Zweite genau die richtige Mischung aus Kinderalltag, Abenteuer und Themen wie Mobbing, Alltagsrassismus und Ausgrenzung.

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Die Jagd nach dem magischen Detektivkoffer (1): Die Jagd beginnt!

Die Jagd nach dem magischen Detektivkoffer: Die Jagd beginnt!

Die Zwillinge Marie und Lukas, ihre Eltern, Hund Sokrates, Katze Pfötchen und Wellensittich Brötchen wohnen in einem kleinen roten Reihenhäuschen. Familie Stiefel ist eine ganz normale Familie. Außer vielleicht Tante Gundula. Die war schon als Kind total verrückt nach Abenteuern. Inzwischen reist sie als Forscherin durch die ganze Welt.

So wundert es die Zwillinge wenig, als sie zu ihrem 7. Geburtstag einen rätselhaften Brief von Tante Gundula erhalten. Der ein noch rätselhafteres Paket ankündigt. Schon als sie die dubiose Sendung am Flughafen abholen, wollen zwei merkwürdige Gestalten das Paket klauen. Oha!

Zuhause angekommen finden sie aber nur einen alten Koffer mit verstaubtem Plunder im begehrten Paket. Was soll denn das? Doch als die Kinder den Krempel näher betrachten entdecken sie, dass es sich um ganz besondere Gegenstände handelt. Mit sehr besonderen Eigenschaften.

Für den Chef geschrieben

Die Jagd nach dem magischen Detektivkoffer: Die Jagd beginnt!

Als ich von diesem Buch erfuhr, musste ich es haben. Für meinen Chef. Der im August sieben Jahre alt wurde. Und der Detektivgeschichten genauso liebt wie Bücher, bei denen er mitknobeln kann. Genau für ihn schrieb Cally Stronk „Die Jagd nach dem magischen Detektivkoffer“. Es muss so sein. ?

Dementsprechend gut kam der Kinderkrimi hier an. Als der Chef das Buch sah, war es um ihn geschehen. Sofort mussten wir es lesen. Und zwar in einem Rutsch. An eine Unterbrechung war gar nicht zu denken. Die drollige Geschichte war einfach zu spannend. Das clevere Zwillingspaar zu sympathisch. Die tollpatschigen Schurken zu lustig.

Ein Fernglas mit dem die Kinder durch Wände schauen können? Ein Hut, der unsichtbar macht? Wow! Das wollen wir auch! Naja, zumindest wollen wir mehr von Familie Stiefel. Der zweite Band der Detektivkoffer-Serie („Vorsicht, Ganoven!“) muss dringend her. Denn auch mir gefiel der Auftakt dieser Reihe sehr.

Macht Spaß

Die Jagd nach dem magischen Detektivkoffer: Die Jagd beginnt!

Genauso wie dem Vizechef. Der Dreijährige fieberte und knobelte nämlich mit. Besonders in Wellensittich Brötchen verliebte er sich. Überhaupt: Die tierischen Mitbewohner der Familie sorgen für allerlei Schmunzelei. Nicht nur wenn Mamas Zunge beim Vorlesen über Pfötchen und Brötchen stolpert. ?

Illustrator Patrick Fix bereicherte die rasante Detektivgeschichte mit lustig-einnehmenden, charismatisch-bunten Bildern. Damit macht die Erstlesegeschichte auch als Vorlesebuch für Kindergartenkinder großen Spaß.

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„Ich bin Circe“ von Madeline Miller (Hörbuch)

„Ich bin Circe“ von Madeline Miller (Hörbuch)

Der Name des Buches ist Programm. Circe – Tochter des mächtigen Sonnengotts Helios – erzählt dem geneigten Leser ihr Leben. Davon, wie schwer es für sie war als ungeliebte Tochter der schönen Nymphe Perse aufzuwachsen. Davon, wie schwer es war, anders zu sein. Von ihrer Neugier und ihrer Liebe zu den Sterblichen. Von ihrem ganz eigenen Weg und wem sie auf diesem begegnete.

Ach, was liebte ich die griechischen Mythen. Als Teen und in meinen Zwanzigern lernte ich Götterstammbäume und Heldengesänge auswendig. War fasziniert von Umfang und Tiefe der alten Epen. Besonders beeindruckte mich die einsame Zauberin Circe. Welch fesselnde Geschichte! Als letztes Jahr Madeline Millers Wälzer „Ich bin Circe“ erschien, war ich Feuer und Flamme.

Doch in meinem Leben war und ist derzeit einfach kein Platz für einen 500-Seiter. Die Lösung: Das Hörbuch. Dem kann ich ganz wunderbar lauschen, während ich unsere Wäscheberge falte.

Zickige Göttertochter

„Ich bin Circe“ von Madeline Miller (Hörbuch)

Nun hat das Hörbuch aber auch eine Laufzeit von über 12 Stunden. Selbst ich falte nicht so lange Wäsche. Es gab also viele, viele Wäschedates mit Circe. Und nach und nach schaltete ich den CD-Spieler immer seltener ein. Quälte mich nicht mehr durch die unzähligen Kapitel zur zuletzt gehörten Szene. Zog das Radio den monotonen Erzählungen der zickigen Göttertochter vor.

Denn sympathisch war mir diese Circe nicht. Was zum Großteil an Ann Vielhabens weinerlich-hysterischen Vortrag lag. Selten empfand ich eine Stimme als so unerträglich.

Circe, eine leidend, arrogante Besserwisserin?

Ich gab dem Buch wirklich viele, viele Chancen. Doch nach wenigen Sätzen war ich jedes Mal genervt. Irgendwann gab ich auf. Da war ich eigentlich schon recht weit. Irgendwo in der Mitte der zweiten, ewig langen MP3-CD. Weder Schreibstil noch Erzählung kamen mir „modern und fesselnd“ vor. Da fesselten mich die klassischen Epen weit mehr.

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„Kalmann“ von Joachim B. Schmidt

„Kalmann“ von Joachim B. Schmidt

„Jemand sagte mir mal, dass jeder eine Bestimmung im Leben habe. Niemand sei zufällig hier. Nichts passiere zufällig. Alles habe einen Grund, eine Bedeutung, einen Sinn. Und in diesem Moment wurde mir bewusst, dass alles seine Richtigkeit hatte.“ (Seite 293)

Kalmann lebt im kleinen Ort Raufarhöfn. Ganz oben im Nordosten Islands. Früher war hier viel los. Der Hafen einer der wichtigsten Exporthäfen für Hering in ganz Island. Doch schnell waren die Gründe leergefischt. Es gab keinen Hering mehr. Fangqouten regeln heute, wer die spärlichen Reste aus dem Meer holen darf. In Raufarhöfn leben keine 200 Seelen mehr. Kalmann ist einer von ihnen. Kalmann ist ihr Sheriff.

Hat seinen eigenen Rhythmus

„Kalmann“ von Joachim B. Schmidt

Mit Sheriff-Hut und Stern, mit Pistole und dem Selbstverständnis und der Weisheit der Einfältigen hütet Kalmann seine Heimat. Die Ausrüstung bekam er von seinem amerikanischen Vater. Der ansonsten keine Rolle im Leben des Mittdreißigers spielt. Doch kein Grund zur Sorge. Dafür war sein Opa da. Der den besten Gammelhai Islands machte. Nun lebt der alte Mann im Pflegeheim und fehlt. Fehlt seinem Enkel, der nun allein im kleinen Haus lebt und auf Haifischfang und Fuchsjagd geht. Fehlt im Alltag und bei den besonderen Ereignissen, von denen Kalmann berichtet.

Und er berichtet von wirklich außergewöhnlichen Ereignissen. Von blutgetränktem Schnee, verschwundenen Unsympathen, der Herstellung von Gammelhai, seinem Wunsch eine Frau zu haben, der Fuchsjagd, von Drogenfunden, Suchaktionen, Polizeieinsätzen… In Kalmanns Kopf läuft nicht immer alles gerade. So erzählt er uns seine Geschichte auch nicht unbedingt gradlinig. Kalmann hat seinen eigenen Rhythmus, sein eigenes Tempo. Genauso wie das Buch.

Genau richtig

Die Gemächlichkeit der Erzählung und die Einfachheit des Protagonisten forderte mir Einiges ab. Im Alltag geht hier alles flott und Holterdiepolter. Mich auf Joachim B. Schmidts Entdeckung der Langsamkeit einzulassen, fiel mir nicht leicht. Doch ich bereue es nicht. „Kalmann“ ist genau richtig. Buch und Charakter. Doch das zeigte sich mir erst auf den letzten Seiten.

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„Das Gegenteil von Hasen“ von Anne Freytag

„Das Gegenteil von Hasen“ von Anne Freytag

Niemand hätte ihr solche Gedanken zugetraut! Mit ihren großen Augen und dem kindlichen Gesicht, sieht Julia aus wie die Unschuld in Person. Doch ihre Blog-Texte, die sind alles andere als unschuldig.

Deswegen wollte Julia sie auch nie veröffentlichen. Sie wollte ihre Gedanken doch nur runterschreiben. Sich entgiften. Luft machen. Gedanken sind doch frei! Und dann ist ihr Laptop plötzlich verschwunden. Welch Katastrophe! Als ihre Blog-Einträge nach und nach veröffentlicht werden, bricht nicht nur für Julia die Welt zusammen. Denn ihre Gedanken sind ehrlich. Zerstörerisch. Ihre Worte verletzen. Reißen sorgsam errichtete Fassaden ein und enthüllen das schäbige Fundament sorgsam erbauter Sozialgefüge.

Anne Freytags Roman „Das Gegenteil von Hasen“ greift hoch aktuelle, emotional aufgeladene Themen auf: Mobbing, Gruppenzwang, Alltagsprobleme von Jugendlichen mit diversen Lebensherausforderungen (anderes Aussehen, andere Sexualität, andere Vorlieben, anderes Verhalten als das Gro). Auch verschiedenste Beziehungsgeflechte werden thematisiert.

Öffnet festgefahrene Strukturen und Schubladen

„Das Gegenteil von Hasen“ von Anne Freytag

Wie geht frau mit dem Ex um? Wie schließt man wirklich mit einer Liebesbeziehung ab? Was bedeutet Freundschaft? Welche Auswirkungen hat die Beziehung zu unseren Eltern auf uns? Wie toxisch sind wir füreinander? Wie heilsam? Die veröffentlichten Tagebucheinträge von Julia stellen all diese Fragen.

Und wecken damit die unterschiedlichsten Gefühle. Sowohl bei den betroffenen Mitschülern als auch bei den unbeteiligten. Den Schaulustigen. Viele lästern, laufen mit, genießen das Event. Einige reagieren unerwartet heftig. Oder unerwartet gelassen. Wieder andere kommen ins Grübeln. Hinterfragen die festgefahrenen Strukturen. Öffnen Schubladen. Selbst die Erwachsenen. Die Lehrer. Die Eltern. Niemand kann sich dem Sog der – sehr persönlichen, sehr ehrlichen – Einträge entziehen. Bei jedem lösen sie etwas aus.

Das Leben eines der Härtesten

Egal aus welchem Blickwinkel Frytag uns das Geschehen präsentiert, sie trifft den Ton, das Herz ihrer Charaktere. Haucht ihnen Leben ein. Ihre Ängste, ihre Sorgen fühlen sich echt an. Egal aus welcher Charakter-Perspektive wir auf die Geschichte blicken: Niemand hat es leicht. Jeder ist fehlbar. Dabei können die vermeintlich Schwachen unglaublich stark sein. Andererseits entpuppen sich die Starken als die eigentlich Versehrten. Jeder ist fehlbar. Auch Lehrer und Eltern. Niemand hat die Weisheit mit den Löffeln gefressen. Das Leben eines der Härtesten ist – wie meine Oma gerne sagte.

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„Finde den Verbrecher!“ von Claudia Martin

„Finde den Verbrecher!“ von Claudia Martin

Ich weiß nicht, ob Ihr’s schon wusstet. Aber hier bei uns wohnt ein Detektiv. Eigentlich ist es auch geheim. Also: Pst!
Schon in KiTa gründete der Chef mit seinen Freunden einen Detektiv-Club. Nun ist er in der zweiten Klasse und noch immer Feuer und Flamme für alles Detektivische. Schulungsmaterial kommt immer gut an.

„Finde den Verbrecher!“ von Claudia Martin trifft da genau ins Schwarze. An 27 Projekten lernen Kriminaltechniker*innen von morgen, wie sie mit Hilfe der Wissenschaft Verbrechen aufklären können. Es beginnt beim professionell zu bestückenden Spurensicherungskoffer. Darauf folgt ein ausgefeiltes Spürnasen-Training.

Dabei werden natürlich die Klassiker wie Fingerabdrücke und Fußspuren behandelt. Aber es gibt auch spannende Experimente zur DNA und Personen-Identifikation; zur Deutung von Geräuschen und Spritzmustern. Oder zu Handschriftenvergleich, Datenforensik und Handy-Ortung.

Kinderzimmer-taugliche Detektiv-Ausbildung

„Finde den Verbrecher!“ von Claudia Martin

Wir lernen Geheimtinte herzustellen, Pulver zu identifizieren und zeitliche Abläufe anhand von Verwesung zu bestimmen. Wie verfolgt man Infektionsverbreitung? Welchen Wert haben Zeugenaussagen? Was macht ein Lügendetektor? Und was sagt ein Alibi aus? Zu all dem weiß das Heft eine Antwort und ein Projekt. Abschließend können die jungen Kriminalisten und Kriminalistinnen ihr frisch gewonnenes Wissen testen. Glossar und Lösungsteil vervollständigen das Heft.

Neben den ganzen Praxis-Projekten enthält es auch ganz viele Fakten der Kriminaltechnik. So viel praxisnahen, interessanten und durchführbaren Inhalt hätte ich diesem Heft gar nicht zugetraut. Doch „Finde den Verbrecher!“ überzeugt den siebenjährigen Detektiv vollkommen. Genauso wie die Mama. Wir empfehlen dieses Kinderzimmer-taugliche Ausbildungswerk allen Kriminalisten, Forensikerinnen, Agenten und Agentinnen in Spe.

Mit seinem Preis von sehr fairen 6 € eignet sich „Finde den Verbrecher!“ auch perfekt als Kindergeburtstagsgeschenk oder Enkelmitbringsel.

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„Zug der Fische“ von Yaroslava Black und Ulrike Jänichen

"Zug der Fische" von Yaroslava Black und Ulrike Jänichen
„Zug der Fische“

Der Fluss fließt durch das ganze Dorf. Es ist Marikas Dorf. Marikas Fluss. Doch heute erkennt sie ihn nicht wieder. Was sind das für seltsame, leuchtend blaue Fische?

Marika lebt bei ihrer Großmutter in den Karpaten. Im Sommer sammelt sie Blaubeeren. Die sie dann in der Stadt verkauft. Verkauft sie zwei Kilo Blaubeeren, kann sie sich Buntstifte kaufen. Verkauft sie fünf Kilo? Harry Potter! Der ist auch ohne Eltern aufgewachsen. So wie sie.

Denn ihre Mama arbeitet weit fort. Sie schickt Marika Briefe. Zwei pro Jahr. Sechs Briefe hat Marika schon. Außerdem schickt Mama noch Geld. Geld, so leuchtend blau wie die Fische, die heute so zahlreich im Fluss schwimmen.

Zu Herzen gehend

„Zug der Fische“ erzählt eine zu Herzen gehende Geschichte. Eine traurige Geschichte. Eine allzu realistische Geschichte. In dem bereichernden Nachwort beleuchtet Osteuropa-Experte Keno Verseck die Hintergründe des Buches. Das Schicksal der sogenannten „Eurowaisen“. Also von Kindern, deren Eltern im wohlhabenderen Ausland arbeiten. Weil es in der Heimat keine Arbeit gibt. Oder das Geld nichts wert ist. Der Journalist fasst das Dilemma der zurückgelassenen Kinder besser zusammen, als ich es könnte:

„Die große Sehnsucht nach den Eltern begleitet sie ständig, sie ist eines ihrer Grundgefühle im Alltag. Gleichzeitig sollen sie ihren Eltern für deren Abwesenheit dankbar sein oder fühlen sich jedenfalls dazu verpflichtet. Denn immerhin arbeiten die Eltern ja auch oder sogar vor allem deshalb im Ausland, weil sie für das materielle Wohl ihrer Kinder sorgen und deren Zukunft sichern wollen.“

„Komm zurück!“

Ich kann die Geschichte nicht lesen ohne feuchte Augen zu bekommen. Wenn wir Marika zu Western Union und beim Blaubeerpflücken begleiten, zerreißt es mein Herz. Wir begleiten sie bei der Busfahrt zum Markt; lesen von ihren Wünschen und den Briefen ihrer Mutter; erfahren von ihrem Leben im kleinen, schindelgedeckten Haus mit der Schlafstelle auf dem lehmverputzten Ofen. Spazieren mit ihr am Fluss entlang. Wo wir andere Kinder treffen. Denen es so geht wie ihr. Die auch ihre Eltern vermissen. Die alle denselben Weihnachtswunsch hegen: „Komm zurück!“

Verspielt naiv und plastisch-realistisch

Illustratorin Ulrike Jänichen malt in schlau gesetzten Buntstiftstrichen eine beklemmende Kinderrealität. Der grobe Buntstift schafft es sowohl verspielt naiv zu wirken als auch plastisch-realistisch.

Mein Liebster (der künstlerisch weit empathischer und gebildeter ist als ich) war ganz aus dem Häuschen. „Siehst Du die Dächer, die sie nicht gemalt hat? Wie sie mit dem negativen Raum umgeht?“ Selten verzückten ihn Kinderbuchbilder so sehr. Den Fluss liebt er besonders: „Es sieht nur nach einfachen, groben Strichen aus. Und dann ergibt es doch eine schimmernde, wabernde Oberfläche.“

Wenn die Jury des Hamburger Bilderbuchpreis nur annährend so begeistert war, ist klar warum Jänichen für diese Illustrationen den Preis erhielt.

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„Schokuspokus 3: Das Jaguar Geheimnis“ von Maja von Vogel und Franziska Harvey

„Schokuspokus 3: Das Jaguar Geheimnis“ von Maja von Vogel und Franziska Harvey
„Schokuspokus 3″

Amanda, Oskar, Jantje, Fiete, Lina, Kalle und Klarissa leben im Waisenhaus der fiesen Agathe Nieswurz. Doch es ist kein normales Waisenhaus. Es ist eine Schokoladenfabrik! Dr. Nieswurz zwingt die Waisen, ihre berühmte Schokuspokus-Schokolade herzustellen. Dabei ist probieren strengstens verboten.

Nachdem die Kinder den verschollenen Maya-Becher mit Glückskakaobohne gefunden und die Goldene Glücksvanille erhalten haben, suchen sie nun die restlichen fünf Zutaten für den sagenumwobenen Glückskakao. Für den kleinen Fiete ist klar: Als nächstes brauchen sie das Jaguar-Schnurrhaar.

Wie günstig, dass Direktorin Nieswurz die Kinder in den Zoo schickt. Natürlich nicht, um Tiere zu bewundern. Sondern um Schokolade zu verkaufen. Aber den Waisen gelingt es, den Zoo zu erkunden. Wobei sie auch die niedlichen Jaguar-Babys entdecken. Doch wie sollen sie nur an ein Schnurrhaar gelangen? Mit Phantasie und einer guten Idee gelingt es der Bande.

Für geübte Leseanfänger

„Schokuspokus 3: Das Jaguar Geheimnis“ von Maja von Vogel und Franziska Harvey
Schokuspokus 3

Wie schon Band eins („Der geheime Kakaoklau“) und Band zwei („Wahnsinnig vanillig“) konnte Band drei den siebenjährigen Chef überzeugen. In diesem Band lernen wir die stille Lina besser kennen. Das immer traurig wirkende Mädchen enthüllt, dass sie ein sehr außergewöhnliches Lieblingstier hat: das Axolotl. Wie die Kinder ihre Freundin unterstützen und Axolotl-Dame Axa ins Waisenhaus einzieht, hat dem Großen sehr imponiert. Und auch ich war sehr gerührt.

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„Die Umweltkonferenz der Tiere“ von Anita van Saan und Dorothea Tust

„Die Umweltkonferenz der Tiere“ von Anita van Saan und Dorothea Tust

„Es war an einem Tag im Lenz,
da trafen sich zur Konferenz,
…[viele, viele Tiere]…

Man kam, um sich zu informieren,
zu demonstrieren, diskutieren.
Wie ohne Streit und ohne Zwist
der Natur zu helfen ist.“

Der Natur geht’s nämlich gar nicht gut. Das berichten nacheinander Biene, Biber, Fledermaus und Gorilla; Panda, Tiger und Kamel; Maus, Eisbär, Wal und Clownfisch. Alle berichten sie von katastrophalen Entwicklungen auf Feldern, in Wäldern, in Wüste und Meer, im Dschungel und der Antarktis.

Und klar ist: Der Mensch ist die Wurzel allen Übels. So sagt die Biene „ich versteh dich! Oft sind Menschen unausstehlich. Doch kleine Kinder meistens nicht sie haben eine andre Sicht.“

Und genau diese Kinder erfahren in dem Sachbilderbuch „Die Umweltkonferenz der Tiere“ ganz viele Hintergründe über die Probleme, die wir Menschen unserer Umwelt bereiten. In rhythmischen Reimen stellt jeweils ein Tier sein Problem vor.

„1, 2, 3, 4, Gift im Wasser hassen wir!“

Die Biene erzählt von Gift auf den Feldern. Der Biber von Flussbegradigungen. Der Abendsegler vom Baumsterben. Gorilla und Panda beklagen das Schrumpfen ihrer Lebensräume. Darunter leidet auch der Tiger. Außerdem begehrt der Mensch sein Fell. Dem Kamel geht’s noch ganz gut. „Doch andre Tiere haben’s schwer, denn Wüste gibt es immer mehr.“ Auch die Mäuse beklagen den Treibhauseffekt. Dem Eisbären erzählt sie damit nichts Neues. Ihm bereiten auch noch Schmutz und Bohrungen Sorgen. Dem Wal liegt Plastik schwer im Magen, der Clownsfisch sorgt sich ums Korallensterben.

„Die Umweltkonferenz der Tiere“ von Anita van Saan und Dorothea Tust

Knackige Sachtexte mit kompakten Hintergrundinfos ergänzen die Protestverse der Tiere. Anita van Saans Reime sind fluffig, lustig, einnehmend. In den lexikalen Begleittexten vermittelt die Biologin kurz und sehr verständlich das Warum. Warum haben es Gorilla, Tiger und Panda so schwer? Weshalb finden die Bienen keine Blüten mehr? Wieso fehlt dem Eisbär Lebensraum?

„Schlechte Luft und harte Zeiten, wir müssen für das Klima streiten“

Die Kombination von unterhaltsamen Reimen und informativem Sachtext finde ich sehr gelungen. Wenn der Vizechef (3) mir das Buch bringt, lese ich ihm meist nur die Reime vor. Dagegen interessiert sich der Chef (7) mehr für die Hintergründe. Beide mögen das Buch sehr.

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