„Eine halbe Banane und die Ordnung der Welt“ von Sarah Michaela Orlovský

Frankfurter Buchmesse 2022: Am Stand des Tyrolia Verlags steht eine Frau versunken in ein Buch. Während ihr Tränen über die Wangen laufen, scheint sie vom Messetrubel mitzubekommen. Diese Frau war ich. Das Buch, das mich alles vergessen ließ, stelle ich Euch heute endlich vor.

Das Jugendbuch vor einer Kinderzimmertür „Eine halbe Banane und die Ordnung der Welt“ von Sarah Michaela Orlovský

„Barbara?
Hörst du mich?
Ich weiß, dass du nicht rauskommen willst. […]
Es ist nur…
Früher bis zu am Abend immer zu mir gekommen. […]
Du kannst so gut zuhören.
Es war immer ganz leicht, dir etwas zu erzählen.
Viel einfacher als bei Mama und Papa.“

Durch die Tür versucht sie, ihre große Schwester zu erreichen. Die sie so sehr liebt. Mit der sie so viel verbindet. Angstüberwindungen, Lückenschließungen und Einkaufwagenrennen. Lachen und Frohsein. Die ihr so viel voraus hat: Alter und Wissen und schlechte Entscheidungen.

Jede Seite des schmalen Büchlein schneidet mir ins Herz. Auch beim vierten Mal. Wahrscheinlich auch noch beim Zehnten. Zu nah fühle ich mich der kleinen Schwester. Zu sehr hoffe ich, dass mein Vize (7) nie so vor der Tür des Chefs (10) stehen wird. Und zu sehr hoffe ich, dass sich die Tür öffnet.

Doch die Tür bleibt zu. Egal wie oft ich es lesen. Aber mir bleibt die Hoffnung, dass die Worte Erfolg haben. Dass die kleine Schwester sich durch die Tür redet; durch harte Panzer über dünner Haut; durch Schutzschichten aus Kontrollzwang und Disziplin. Dass sie ihre Schwester erreicht. Da seiend. Hand reichend. Wärme schenkend.

Bestechend einfach und verstörend distanzlos

Rückseite des Jugendbuchs „Eine halbe Banane und die Ordnung der Welt“ von Sarah Michaela Orlovský

„Eine halbe Banane und die Ordnung der Welt“ erzählt bestechend einfach und verstörend distanzlos von den verheerenden Folgen einer Essstörung. Wie sich Magersucht ins Leben schleicht. Wie sie Betroffene, wie sie Familien zerstört. Welch Löcher sie reißt.

Es ist ein wichtiges, schreckliches, großartiges, schmerzendes Buch. An dem ich vielleicht allein die Altersempfehlung (ab 9) kritisch finde. Bisher drückte ich mich davor, es mit meinem Zehnjährigen zu lesen. Wobei ich gar nicht glaube, dass es ihn so mitnehmen würde wie mich. Vielleicht drücke ich mich gerade deshalb. Vielleicht befürchte ich, zu viel auf ihn zu projizieren, wenn wir es zusammenlesen. Oder zu sehen, dass es ihn nicht erreicht.

Heute gab ich ihm das Buch. Damit er es dann lesen kann, wenn ihm danach ist. Für sich. Oder mit mir. Ganz wie er es braucht und möchte.

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„Wovon die Sterne träumen“ von Manon Fargetton

Der Roman „Wovon die Sterne träumen“ von Manon Fargetton

„Die Welt ist klein. Sehr klein.
Es ist schon fast ein Jahrhundert her, dass ein ungarischer Schriftsteller in einer seiner Erzählungen die Idee entwickelt hat, jeder Mensch auf diesem Planeten sei mit dem anderen beliebigen Menschen über eine Kette von fünf Beziehungen verbunden.“

Seit Wochen verkriecht Titouan sich in seinem Zimmer. Baut einen Wald aus Lego-Steinen um sich herum. Geht noch nicht einmal zum Essen nach unten. Lässt sich auch nicht von seiner kleinen Schwester Lila herauslocken. Dass morgen die Ferien vorbei sind und die Schule beginnt, wird ihn auch nicht aus seiner Zuflucht holen.

Alix‘ Herz schlägt für das Theater. Unbedingt will sie auf die Schauspielschule in Paris. Der Theaterkurs in der Schule bereitet sie darauf vor. Er ist ihr Reich. Ihr Allerheiligstes!

Ihr Vater Armand war immer für Alix da. Er liebt seine Tochter bedingungslos. Aufopfernd. Will jede Minute mit ihr nutzen, bevor sie ihr Nest verlässt.

Theaterlehrerin Gabrielle blickt abgeklärt auf das Leben und die Liebe. Zwischen ihren Liebschaften gibt ihr bester Freund Armand ihr beständige Sicherheit.

Vor zwei Jahren starb Lucien. Seitdem ist Luce allein. Nach so vielem Jahren, nach einem Leben zu zweit.

„Und während sie zuschaut, wie sich die bunten Papageien hinter dem Gitter der Voliere tummeln, kommt Luce zu dem Schluss, dass unser Lebensmut – jedenfalls zum Teil – in proportionalem Verhältnis zur Zahl der Menschen steht, die uns lieben. Und sie hat niemanden mehr.“

Mutige Emotionen

Die Rückseite des Romans „Wovon die Sterne träumen“ von Manon Fargetton

Ach, was litt ich mit Luce. Alte Liebe bringt mich immer zu Fall. Und ich falle so gerne! Hinein in diese Gefühle. Luce, oh Luce – was beeindrucktest Du mich! Aber nicht nur Du.
Auch die anderen Protagonisten imponierten mir. Mit ihrem Mut zur Emotion; zu ihren Ängsten. Ihren Überwindungen. Dabei waren sie so echt in ihrem Zurückschrecken. In ihren Fluchten und Verleugnungen. Ihren Wünschen. Und in ihrer Trauer.

Selbst die Nebenfiguren brillierten, egal ob Klassenkameraden, Crépe-Bäcker oder abwesende Mütter. Allen voran aber Titouans Familie, die einfach nicht begreift, was in dem Teenager vorgeht. Die sich durch all die Phasen der Sorge quält: Verständnis, Ignoranz, Wut, Verzweiflung, Resignation. In der jeder anders mit dem Jungen umgeht. Mit der Liebe zu ihm.

Liebe – kompliziert, vielschichtig, schmerzhaft

Liebe! Die lungert hier auf allen Seiten: Platonische Liebe, romantische Liebe, Nächstenliebe, Kinderliebe, Elternliebe – kompliziert, vielschichtig, schmerzhaft.

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Super lesbare Grusellektüre: „Düstere Bedrohung“ von Dan Smith

Das Super Lesbar-Buch: „Düstere Bedrohung“ von Chris Priestley vor einer alten Steinmauer

Während der Pause wünschen sich Peter und sein Freund Ravi, dass in ihrem langweiligen Kaff mal was Irres passieren würde. So wie in dem Video mit den verrückten Spinnen in Australien. Tja, mensch sollte achtsam mit dem Wünschen sein…

Denn wenig später erzählt ihnen ihre Klassenkameradin Lea, dass sich ihre Eltern höchst seltsam verhalten. Sich total verändert haben. Geistig abwesend sind. Das Tagelicht scheuen. Die Jungs denken sofort an Vampire!

Leas Mutter arbeitete in der Fracking-Anlage auf der großen Waldwiese. Dort wo sie früher gespielt haben. Wo sich alle immer trafen. Doch vor Kurzem wurde der Fracking-Betrieb eingestellt. Die Mitarbeiter entlassen. Liegt es nur daran, dass sich immer mehr Erwachsene komisch verhalten? Was geht hier nur vor?

Trifft den Nerv der Zeit

Rückseite des Super Lesbar-Buches: „Düstere Bedrohung“ von Chris Priestley

In „Düstere Bedrohung“ vermischt Autor Dan Smith Horrorelemente mit Umweltsorge. Die realen Ängste der Teens von heute treffen auf die uralte Angst vor dem Übernatürlichen. Damit trifft der düstere Jugendkrimi den Nerv der Zeit. Und das in einer Sprache, die auch Kinder verstehen, die sich mit dem Lesen schwer tun.

Denn als „super lesbar“-Buch ist es in einfachen Sätzen verfasst. So dass Leser*innen sich zurechtfinden, denen das Lesen sonst wenig Spaß macht. Denen es zu anstrengend ist und es deswegen lieber meiden.

Umfassend durchdachte Leseunterstützung

Auch Design und Material der Leseförder-Reihe nehmen Rücksicht auf besondere Lesebedürfnisse. Typografie, Schriftbild, Umbrüche und Absätze – auf all das wird hier umfassend und durchdacht Wert gelegt. Selbst die Papierfarbe ist so gewählt, dass das Lesen leichter fällt.

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„Vakuum: Meide den Nebel“ von Antje Wagner

Der Jugendroman „Vakuum: Meide den Nebel“ von Antje Wagner im herbstlichen Efeulaub liegend.

Koras Alltag ist immer gleich. Jeden Tag. Das ist das Schlimmste am Gefängnis. Dieses ewig gleiche Einerlei. Auch Tamara fühlt sich eingeschlossen. Von Ihrer Adoptivmutter nach einer Krankheit in Watte gepackt, sehnt sie sich nach Freiheit. Und Wissen.

Hannes dagegen könnte ein abwechslungsreiches Leben führen. Doch er verschläft die Tage. Findet nachts keine Ruhe. Vergrault seine beste Freundin und fährt Abend für Abend raus zum Golfplatz, um seine Schilder zu kontrollieren. Getrieben von seinen ganz eigenen Dämonen.

Alissa und Leon kennen solche Dämonen ebenfalls. Die Geschwister flüchteten mit ihren Eltern erst vor Kurzen vor ihrer Vergangenheit. Vor den flüsternden Nachbarn. Den Gerüchten und dem Getuschel. In der neuen Stadt scheint alles besser. Bis bei einem Ausflug plötzlich Alissas Freunde spurlos verschwinden.

Auch Kora, Hannes und Tamara sind plötzlich allein. Komplett allein. Alle Menschen und Tiere sind verschwunden. Nur der jäh auftauchende Nebel scheint lebendig.

Mystischer Road-Trip

Rückseite des Mystery-Romans „Vakuum: Meide den Nebel“ von Antje Wagner

„Vakuum: Meide den Nebel“ ist ein atmosphärisch dichter Mystery-Roman, der altbekannte Horror-Elemente aufgreift und geschickt neu inszeniert. Die jugendlichen Protagonisten straucheln durch einen Road-Trip. Mehr oder weniger traumatisiert. Verunsichert, verängstigt, wütend, schuldgepeinigt. Erdrückt von ihren persönlichen Tragödien.

Das Schicksal der fünf Kids ging mir nahe. Ihre Zusammenführung, ihre Entwicklung, das Tempo mochte ich sehr. Wie auch die Charaktere an sich. Die ich am liebsten allesamt in die Arme genommen hätte. Ihnen gesagt hätte, dass alles gut wird. Sie ok sind. Das Leben nicht fair ist. Schlimme Dinge geschehen. Auch wenn sie nicht geschehen sollte. Ich verschlang Seite um Seite. Las lange kein Buch mehr so zügig.

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„Elle(s): 1. Die Neue(n)“ von Kid Toussaint und Aveline Stokart

Das Cover des Comics „Elle(s): 1. Die Neue(n)“ von Kid Toussaint und Aveline Stokart

Nachdem Elle die Schule gewechselt hat, geht es ihr eigentlich sehr gut. In der Clique von Otis, Maȅlys, Farid und Line findet sie gute Freunde. Fühlt sich wohl und angekommen. Doch dann steht sie in der Schule unter Druck. Wird mit Gerüchten konfrontiert. Streitet sich mit ihrer Mutter. Und wieso beobachtet dieser Fremde sie? Macht Fotos?

Plötzlich verhält sich Elle merkwürdig. Mal ist sie nett, mal abweisend. Mal ehrgeizig, mal super witzig; dann wieder verschlossen und schweigsam. Als gäbe es mehrere Elles.

Und ja, es gibt Mehrere. Seit ihrer Kindheit schon. Zusammen mit ihren neuen Freunden stellt sich Elle ihren Persönlichkeiten und ihrer Vergangenheit.

Bonbonbunt und beängstigend

Rückseite des Comics „Elle(s): 1. Die Neue(n)“ von Kid Toussaint und Aveline Stokart

„Elle(s): 1. Die Neue(n)“ ist der erste Teil einer psychologisch spannenden Graphic Novel-Reihe. In Kid Toussaints Comig-of-Age-Comic prallt das Thema der Dissoziativen Identitätsstörung auf bonbonbuntes Teenie-Leben. Aveline Stokart illustriert Diskrepanz und Parallelen zwischen normalem Teenie-Wahnsinn und krankhaftem Zerrissen-sein intuitiv verständlich. Warm und lebendig, kalt und düster. Vielfältig verwirrend. Beängstigend.

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„Die letzten Hexen von Blackbird Castle“ von Stefan Bachmann

Der fantastische Roman „Die letzten Hexen von Blackbird Castle“ von Stefan Bachmann lehnt an einer alten Backsteinmauer. Im Vordergrund ragt eine weiße Rose ins Bild.

„Sehr geehrte Miss Zita Bridgeborn.
…Ich habe Grund zu der Annahme, dass Sie die Alleinerbin von Blackbird Castle sowie dem Umgebenden Anwesen sind, einschließlich aller Gelder, Konten, Ländereien und Besitztümer, die dazu gehören.“

Das kann Dienstmädchen Zita kaum glauben. Dennoch packt sie ihre wenigen Sachen und macht sich auf den Weg nach Blackbird Castle. Wo sie schnell herausfindet, dass sie nicht nur das Anwesen mit allem Drum und Dran erben, sondern – vor allem – eine Hexe sein soll. Wenn sie denn wirklich die verloren geglaubte Tochter der letzten Hexe des Hauses ist.

Was Zita selbst am wenigsten glauben kann. Doch die Bediensteten Minnifer und Bram sowie zahlreiche gute Geister des Schlosses helfen der Zwölfjährigen ihr wahres Potenzial zu entfalten. Und das gegen Widerstände, Intrigen und dunklen Familiengeheimnisse.

„Aber ich bin noch neu hier und weiß kaum etwas darüber, wie es ist, eine Hexe zu sein.“ „Entschuldige mal“, sagte er. „Und wie glaubst du, wirst du das lernen? Indem du so tust als ob, natürlich. Und indem du es so überzeugend tust, dass du dich selbst und alle anderen dazu bringt, es zu glauben. Denn am Ende tun wir doch alle nur so, als wären wir das, wofür und die Leute halten…“

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„Wenn es kalt wird, erwachen die Geister“ von Chris Priestley

Das Jugendbuch „Wenn es kalt wird, erwachen die Geister“ von Chris Priestley vor einem vergitterten Fenster stehend

„Maja schreckte aus dem Schlaf hoch, als die Musik zu spielen anfing. Einen Moment lang war sie nicht sicher, wo sie war….Plötzlich hatte sie das Gefühl, dass gleich etwas Schlimmes passieren würde.“

Als sie in der Schule mit ihren Freunden Carla, Marlon und Tomas darüber spricht, stellen die Kinder verwundert fest: Alle hatten sie einen Alptraum. Keiner kann sich an Genaueres erinnern. Bevor sie weitergrübeln können, kommt der Vertretungslehrer. Will mit ihnen gruselige Geschichten schreiben. Alle legen los. Nur Maja tut sich schwer.

Auch die neue Schülerin fängt sofort an zu schreiben. Das blasse Mädchen mit dem silbernen Mantel kam zu spät und setzte sich an Majas Tisch. Irgendwas stimmt mit der doch nicht. Als Majas Freunde schließlich ihre Geschichten vorlesen, wird’s so richtig unheimlich.

Super lesbar für Kids ab 11 Jahren

„Wenn es kalt wird, erwachen die Geister“ richtet sich an Kids ab elf Jahren, denen Texte noch Beinchen stellen. Für die manch Wort, manch Satz noch Hindernis ist. Die Bücher des „super lesbar“-Programms achten auf gute Lesbarkeit. Sowohl, was die Worte und die Sätze betrifft. Als auch, was Form und Optik angeht.

Denn ein Text wird nicht nur durch einfachere Sprache lesbarer. Auch Schriftgestaltung und Typografie, Zeilenabstand und Umbrüche sind wichtige Elemente. Selbst das Papier des Buches beeinflusst die Lesbarkeit. Außerdem sorgend kurze Abschnitte und Kapitel sowie Illustrationen für übersichtliche wie abwechslungsreiche Leseerlebnisse, die nicht langweilig werden.

Atmosphärisch dicht und schauerlich

Und obwohl „Wenn es kalt wird, erwachen die Geister“ all das beachtet, zog es mich in den Bann. Ich gebe zu, ich habe mich gegruselt. Als lang erwachsene Vielleserin. Chris Priestley spinnt eine höchst atmosphärische Rahmenhandlung. Mit jeder der Geschichten verstärkt sich das ungute Gefühl. Verdichtet sich die drohende Stimmung im Klassenraum.

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„Nächte im Tunnel“ von Anna Woltz

Das Jugendbuch „Nächte im Tunnel“ von Anna Woltz auf einer Mauer vor einem Zaun

Ella lebt gerade erst wieder. Kann gerade erst wieder atmen. Nachdem sie Monate lang von einer Maschine am Leben erhalte wurde. Nur um nun unter der Erde zu hocken. Schon wieder keine Luft zu bekommen. In einem U-Bahntunnel in London. Mit ihrem kleinen Bruder Robbie und hunderten anderer Menschen. Während Flieger die Stadt bombardieren.

Als sie Quinn kennenlernt, erwacht Ellas Lebenswillen. Wie aus einer anderen Welt schwebt das andere Mädchen durch die Trümmer. Voller Tatendrang, Mut und Kraft. Dagegen weckt der dreiste Jay erst einmal nur Wut in ihr. Doch der Junge, der sich ganz allein durch schlagen muss, rührt nach und nach auch anderes in ihr.

Gebannt verschlang ich Seite um Seite

Anna Woltz schaffte es mit „Nächte im Tunnel“ wieder, mich vollkommen in ihre Welt zu ziehen. Gebannt verschlang ich Seite um Seite. Es raubte mir den Schlaf. Musste ich doch wissen, wie es mit Ella, Quinn, Robbie und Jay endet. Schließlich erfahren wir schon im zweiten Satz des Romans, dass einer von ihnen sterben wird.

Bis zum Schluss fieberte ich mit. War unschlüssig, bei wem ich es am ehesten verkraften könnte. Wünschte, alle würden es schaffen. Autoren machen sowas ja manchmal. Doch hat das Leben nun mal nicht immer ein Happy End. Besonders nicht im Krieg. Anna Woltz weiß das. Und das ist gut so.

Ganz nah, ganz dicht, ganz echt

Rücken des Jugendbuches „Nächte im Tunnel“ von Anna Woltz

Ich schreibe diese Zeilen und Gänsehaut überzieht meine Arme. Schon wieder. Zu schreiben „Nächte im Tunnel“ sei ein gutes Buch, trifft es für mich nicht annährend. Ella erzählt ihre Geschichte ganz nah, ganz dicht, ganz echt. Ich war mit ihr im Tunnel. Lief mit ihr durch das zerstörte London. Teilte ihre Angst. Sorgte mich unbändig um ihren Bruder und ihre Familie. Gleichzeitig verstand ich ihre Ungeduld, ihren Widerwillen, ihren Aufbruchsdrang. Ihre Liebe zu Geschichten. Ihren Wunsch zur Flucht.

Ich lernte so viel über das Leben der Menschen während des Zweiten Weltkriegs in der britischen Metropole. Lernte auch viel über Polio (Kinderlähmung). Recherchierte die Anfänge und den Einsatz der Eisernen Lungen. Und war mal wieder so dankbar im Hier und Heute zu leben.

„Nächte im Tunnel“ ist intensive, ergreifende, nachhaltig beeindruckende Literatur für Menschen ab 14 Jahren. Mit starken, empathischen weiblichen Protagonistinnen und genauso starken wie verletzlichen männlichen Charakteren. Mit mutigen Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Die leben und lieben wollen. Über den Krieg hinaus. Aber auch über gesellschaftliche Grenzen hinaus.

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„Etzel Zauderkern und die Macht der Wünsche“ von Gregor Wolf

Der Fantasyroman „Etzel Zauderkern und die Macht der Wünsche“ von Gregor Wolf in Herbstlaub liegend

Eigentlich will Etzel nur Heilkräuter für Meister Graufels suchen. Denn der hustet und fiebert und braucht ganz dringend Medizin. Doch dann reißt ihn ein Schrei aus seiner Konzentration. Ruft jemand um Hilfe. Und Etzel hilft.

Ok, sein Zauber tut mal wieder nicht so ganz, was er soll. Aber immerhin, er schlägt die Räuber in die Flucht. Zwar schafft es der königliche Bote nicht mehr lebend zum Herzog nach Burg Helmfest. Wohl aber der Brief der Königin.

Sie sei schwer krank und bedürfe der Heilkunst von Meister Graufels. Aber der alte Zauberer ist selber krank. Also muss sein Lehrling einspringen. Und so findet sich Etzel plötzlich auf einer geheimen und gefährlichen Mission. Denn sehr wahrscheinlich wurde die Königin vergiftet.

Mit einer Arznei und dem Pferd des Boten bricht Etzel auf. Zu einem Abenteuer, dass er nie für möglich gehalten hätte.

Heldenreise und Pferdebuch

Auf seiner Heldenreise begegnet Etzel bald Gisa von Sturm. Die praktisch veranlagte Knappin rettet dem weltfremden Zauberlehrling ein ums andere Mal den Kopf. Auch sie ist auf dem Weg zur Königin. Um für ihr Recht zu kämpfen Ritterin zu werden. Das dürfen bisher nämlich nur Männer.

Gemeinsam mit Ehrenwert – dem sehr schlauen Pferd des königlichen Boten – kämpft sich das ungleiche Gespann zur Hauptstadt. Und weiter. Immer wieder fragen sie sich: Wer kann uns helfen? Wem kann man trauen? Und wer steckt hinter der ganzen Sache?

Abenteuer, Zauber und wahre Freundschaft

Rückseite des Fantasy-Abenteuers „Etzel Zauderkern und die Macht der Wünsche“ von Gregor Wolf

„Etzel Zauderkern und die Macht der Wünsche“ ist eine epische Mischung aus spannungsgeladenem Abenteuer, fantastischem Zauber und wahrer Freundschaft. In seinem Fantasy-Roman für Menschen ab zehn Jahren erschafft Gregor Wolf eine atmosphärisch dichte Märchenwelt. Mit detailliert-lebendigen Landschaftsbeschreibungen zieht er uns in Nahferns Wälder und Felder. Macht uns zu Verbündeten. Zu Freunden.

Was lieben wir dieses Buch! Der Chef (9) und ich bekamen nicht genug. Zumindest einer von uns fand deswegen mehr als einmal zu spät in den Schlaf. Denn so wie mein Viertklässler immer weiter zuhören wollte, so wollte ich nicht aufhören vorzulesen. Das Abenteuermärchen hielt uns bis zur letzten Seite in seinem Bann. Und als auch die gelesen war, saß mein Sohn breit grinsend neben mir und verlangte vehement einen zweiten Band. Es gibt noch viel zu erzählen!

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„Was du nicht erwartest“ von Jan Cole

Der Jugendroman „Was du nicht erwartest“ von Jan Cole

Ob dieses Gefühl wirklich Verliebtsein ist? Nik ist sich nicht sicher. Aber vielleicht ist er wirklich verliebt. Dem muss er auf den Grund gehen! Doch bevor der 17-Jährige mehr herausfinden kann, steckt ihn seine Mutter in eine Klinik. Denn Nik ist Autist und sie weiß nicht mehr weiter.

In der Psychiatrie lernt er die 18-jährige Mai kennen. Nach ihrem letzten Zusammenbruch landete sie vollkommen entkräftet auf der Station. Wo ihr geholfen werden soll. Was die Magersüchtige allerdings ganz anders sieht.

Zusammen gelingt den beiden die Flucht. Sie begeben sich auf einen waghalsigen Roadtrip. Mit im Gepäck: Niks kreativer Plan herauszufinden, ob er verliebt ist.

Flotte Erzählerweise und glaubwürdige Protagonisten

Rückseite des Jugendromans „Was du nicht erwartest“ von Jan Cole

„Ein faszinierender Held in einer Geschichte, die man nicht mehr weglegen kann. Ein einfühlsames, tolles Buch.“ Das sagt Benedict Wells über diesen eindrucksvollen Roman. Und wer bin ich, dem frisch gebackenen Sieger des Deutschen Jugendliteraturpreises („Preis der Jugendjury“) zu widersprechen? 😊

„Was du nicht erwartest“ brilliert mit einfallreicher (Rahmen-)Handlung, flotter Erzählerweise und glaubwürdigen Protagonisten. Mit Nik und Mai erzählen zwei Außenseiter ihre Geschichte. Zwei in ihrer Welt verstrickte Jugendliche. Behindert von ihrer Umgebung, den Herausforderungen des Menschseins und ihren ganz eigenen Besonderheiten. Oft nicht verstanden. Vieles nicht verstehend. Trotz allem weitermachend.

Jan Cole trifft den Ton seiner Charaktere bemerkenswert gut. Nik und Mai waren mir beim Lesen sehr nah. Ich konnte sie verstehen. Selbst, wenn ich ihre Handlungen nicht nachvollziehen konnte. Trotz aller Probleme, welche die beiden bewältigen müssen: „Was du nicht erwartest“ steckt voller Hoffnung. Vermittelt Mut und Zuversicht. Ein wahrlich großartiges Buch!

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