„Keine Angst, großer Wolf“ von Jan De Kinder

„Keine Angst, großer Wolf“ von Jan De Kinder

„Papa“, sagt Kleiner Wolf, „heute gehen wir zusammen in den Wald.“

Davon ist Papa Wolf so gar nicht begeistert. Überall fühlt und sieht und hört er Gefahren.

Doch Kleiner Wolf gibt nicht auf. Führt seinen Vater durch den finsteren Wald. Bis der Große nicht mehr zu halten ist. Panisch wegrennt. Warum bloß?

Etwa wegen der zweibeinigen Freundin des kleinen Wolfes?

Lauf Wolf, lauf!

Chef (7) und Vizechef (4) schauten sich das Buch gerne mit mir an. Doch sprang der Funke nicht über. Zwar fand der Vierjährige es schon cool, dass der kleine Wolf dem großen Mut macht. Ihn anleitet. Aber es irritierte ihn auch. Schließlich sollen die Großen doch leiten. Halt geben.

Das Ende verunsicherte ihn noch mehr. Es gibt kein Happy End. Der große Wolf rennt weg. Auch beim Siebenjährigen standen nun Fragezeichen in den Augen. Ratlos schauten mich die Jungs an. Tja, und ich konnte ihnen diesmal nicht so wirklich helfen.

Denn auch ich war etwas ratlos. Fürchtet sich der große Wolf doch vollkommen zurecht. Auch wenn die Jungen keine Angst voreinander haben, die Zeiten haben sich leider nicht so arg geändert. Menschen wollen die Wölfe weiterhin nicht in ihrer Nähe haben. Fürchten sie. Töten sie um ihre Schafe zu schützen. Lauf Wolf, lauf!

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„Die Erfindung von Alice im Wunderland – Wie alles begann“ von Peter Hunt

„Die Erfindung von Alice im Wunderland - Wie alles begann“ von Peter Hunt

Jeder kennt es. Dieses kleine Mädchen, das durch ein Kaninchenloch in eine fantastische Welt fällt. In der es unglaubliche Abenteuer erlebt und die skurrilsten Charaktere trifft. Doch: Who the Fuck is this Alice!

Damit haben sich schon so einige Literaturwissenschaftler beschäftigt. Auch Peter Hunt ging der Frage auf den Grund. Das Sachbuch des ehemaligen Professors für Kinderliteratur widmet sich den Ursprüngen und Hintergründen des faszinierenden Kinderbuchcharakters.

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„Das alles ist Familie“ von Michael Engler und Julianna Swaney

„Das alles ist Familie“ von Michael Engler und Julianna Swaney

Als Lars mit seiner Mama nach Hause kommt, entdeckt er ein Päckchen vor dem Haus. Doch leider kann er nicht lesen, für wen das Paket sein soll. Nur noch ein paar Worte entziffert Lars: „An Familie…“

Kurzerhand macht er sich auf die Suche nach der Familie. Beginnt alle Häuser der Nachbarschaft abzuklappern. Denn da wartet schließlich irgendeine Familie auf Post. Bald gesellt sich Lina dazu. Zusammen besuchen sie ihre Nachbarn.

Dabei finden sie heraus, wie unterschiedlich Familien sein können. Neben Vater-Mutter-Kind gibt es da zum Beispiel Mama und Mami von Sarah. Ebenso die Patchwork-Familie von Paul. Oder die wuselige Großfamilie im Dreigenerationenhaus der Jakobs. Das unverheiratete Paar mit den Zwillingen bildet eine Familie. Genauso wie das Ehepaar mit der adoptierten Tochter. Sowie der Witwer mit seiner Tochter. Besonders Lars findet bei dieser Suche viel mehr, als er erwartet hätte.

All das ist Familie

„Das alles ist Familie“ von Michael Engler und Julianna Swaney

„Das alles ist Familie“ zeigt die bunte Vielfalt moderner Familien. Ja, all das ist Familie. Egal ob sie aus elf Menschen oder nur aus zweien besteht. Ob es einen Trauschein gibt oder nicht. Mit Bauchkindern, Herzkindern, Enkelkindern oder auch gar keinen Kindern. Es gibt hellhäutige Eltern mit dunkelhäutigen Kindern. Rothaarige Enkel mit grauhaarigen Großeltern. Denn Lina hat ganz recht, wenn sie sagt: „Vielleicht ist Familie sein einfach nur, wenn man sich liebt.“

Da ist es auch egal, wenn man sich mal streitet. Oder auch mal öfter. Es ist vollkommen egal, wenn die Mama eine andere Muttersprache hat als der Papa. Oder wenn das Kind von einer anderen Mama zur Welt gebracht wurde.

Ein herzerwärmendes Plädoyer für alle Familien

Die Illustrationen von Julianna Swaney füllen die Diversität des Textes mit reichlich zusätzlicher Vielfalt. Auf den Seiten entdecken wir Babys und Schwangere; Brillenträger und Rollstuhlfahrer; Hautfarben und Haarfarben aller Couleur; Bartträger und Glattrasierte; Hunde und Katzen; Männer, die Care-Arbeit leisten sowie Paare, die sich die Arbeit teilen.

„Das alles ist Familie“ ist ein herzerwärmendes Plädoyer für alle Familien. Divers oder traditionell. Ganz egal. Es ist ein Plädoyer für Liebe und Vielfalt; für Neugier und Offenheit.

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Frag doch mal … die Maus: „In der Natur“

Weil DIE BÜCHER der „Sendung mit der Maus“ BEI MEINEN JUNGS derzeit mal wieder sehr beliebt SIND, gibt es diese Woche kurzerhand EIN MAUS-SPEZIAL. 😊
Frag doch mal die Maus: „In der Natur“

Gewissermaßen aus aktuellem Anlass. Schließlich feiert die Maus dieses Jahr ein stattliches Jubiläum. Seit 50. Jahren flimmert „Die Sendung mit der Maus“ über die Bildschirme! Schon in meiner Kindheit schaute mein Papa mit mir die Sach- und Lachgeschichten. Wir beide lieben sie noch heute. Genauso wie meine Jungs. „Die Sendung mit der Maus“ verbindet Generationen.

Weil wir nicht genug von dem orangenen Nager bekommen können, lebt er bei uns auch im Bücherregal. Die Sachbuch-Reihe „Frag doch mal … die Maus!“ erklärt in bekannter Maus-Manier Kinderfragen zu allerhand Themen. Immer verständlich. Immer kompakt.

Grün, grün, grün sind alle meine Farben…

Frag doch mal die Maus: „In der Natur“

Im Band „In der Natur“ beantwortet die Maus 52 wild gemischte Fragen zu Flora und Fauna. Darunter:

  • Können alle Bienen Honig machen?
  • Was hat die Pfefferminze mit dem Pfeffer zu tun?
  • Warum sind viele Blumen so schön bunt?
  • Wie knackt das Eichhörnchen die Nuss?
  • Warum wächst die Tulpe aus der Zwiebel?
  • Wie bat man einen Nisttasche?
  • Was macht ein Wildschwein in der Stadt?
  • Wie baut man ein Mini-Gewächshaus?
  • Was passiert im Kompost?
  • Was essen eigentlich Pflanzen?

Jede Doppelseite beantwortet eine der 52 Fragen. Nur der Frage, welche Tiere im Naturgarten leben, gehen wir auf mehreren Seiten auf dem Grund. Dabei ist der Text gut strukturiert und übersichtlich. Erschlägt meinen motivierten Zweitklässler nicht. Trotzdem enthält er reichlich Wissenswertes zu der gestellten Frage.

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Frag doch mal … die Maus: „Meere und Ozeane“

Da die Maus-Bücher bei meinen Jungs zurzeit wieder im Dauereinsatz sind, lege ich spontan ein Maus-Spezial ein.
Frag doch mal die Maus: „Meere und Ozeane“

Sozusagen aus aktuellem Anlass. Denn wir feiern schließlich Geburtstag. Immerhin wird „Die Sendung mit der Maus“ dieses Jahr 50. Jahre alt! Seit meiner Kindheit gehört die orangene Maus zu meinem Leben. Damals schaute mein Papa die Sendung mit mir. Er liebt sie bis heute. Und ich. Ich schaue sie heute mit meinen Kindern. „Die Sendung mit der Maus“ verbindet Generationen.

Bei uns wohnt die Maus nicht nur in Fernsehen und Tablet. Auch in unserem Bücherregal fühlt sie sich wohl. Die Sachbuch-Reihe „Frag doch mal … die Maus!“ erklärt in gewohnter Maus-Art die Fragen unserer Welt. Immer verständlich. Immer kompakt.

Meerige Sachgeschichten

Frag doch mal die Maus: „Meere und Ozeane“

Seit mein Zweitklässler die Tücken des Lesenlernens meisterte, steckt seine Nase eigentlich immer zwischen irgendwelchen Seiten. Schon bevor der Rest der Familie erwacht, schmökert er in seinem Bett. Dabei sind gerade die Sachgeschichten der Maus sehr beliebt. Auch der Band „Meere und Ozeane“.

Wie in den anderen Bänden beantwortet die Maus insgesamt 52 Fragen. Darunter:

  • Warum ist Meerwasser salzig?
  • Warum haben Fische Schuppen?
  • Wohin verschwindet das Wasser, wenn die Ebbe kommt?
  • Warum stoßen Fische im Schwarm nie aneinander?
  • Was sind Korallen und wie entsteht ein Riff?
  • Wie funktioniert ein U-Boot?
  • Müssen Fische trinken?
  • Wie sieht es in der Tiefsee aus?
  • Wie entstehen Wellen?
  • Wem gehört das Meer?
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Frag doch mal … die Maus: „Unsere Erde“

Da die Maus-Bücher bei meinen Jungs gerade mal wieder sehr gefragt und im Dauereinsatz sind, lege ich kurzerhand ein Maus-Spezial ein.
Frag doch mal die Maus: „Unsere Erde“

Quasi aus aktuellem Anlass. Denn neben großer Mausliebe feiern wir schließlich auch Geburtstag. Immerhin wird „Die Sendung mit der Maus“ dieses Jahr 50. Jahre alt!

Seit über 35 Jahren gehört das orangefarbene Nagetier zu meinem Leben. Damals schaute ich die Sendung mit meinem Papa. Der die Maus noch immer liebt. Heute schaue ich die Sendung mit meinen Kindern. „Die Sendung mit der Maus“ verbindet Generationen.

Bei uns gehört die Maus zum perfekten Sonntag einfach dazu. Doch ziehen wir sie auch in der Woche zu Rate. Ganz ohne Fernsehen und Co. Denn bei uns wohnt die Maus im Bücherregal.

Und obendrauf gibt’s ganz viel Maus

Frag doch mal die Maus: „Unsere Erde“

Die Reihe „Frag doch mal … die Maus!“ erklärt in gewohnter Maus-Weise komplexe Themen verständlich und kompakt. Mit vielen Grafiken, Fotos und – natürlich – immer wieder der Maus. Die Bücher sind sozusagen gebundenen Sachgeschichten.

Im Band „Unsere Erde“ beantwortet die Maus insgesamt 52 Fragen. Unter anderem:

  • Warum ist die Erde rund?
  • Wieso gibt es Erdbeben?
  • Warum gibt es so viele verschiedene Länder?
  • Wie entsteht eine Versteinerung?
  • Warum gibt es Menschen mit verschiedenen Hautfarben?
  • Wann brechen Vulkane aus?
  • Warum schwimmen Inseln nicht einfach weg?
  • Woher weiß der Fluss, wohin er fließen muss?
  • Stimmt es, dass es auf der Erde immer wärmer wird?

Seit mein Zweitklässler beim Kampf ums Lesenlernen siegreich war, nimmt er seine Nase kaum noch aus den Seiten. Schmökert schon, bevor der Rest der Familie erwacht. Dabei sind die Sachbücher der Maus gerade enorm beliebt. Auch dieser Band.

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Frag doch mal … die Maus: „Sterne und Planeten“

Frag doch mal … die Maus: „Sterne und Planeten“

Jeder kennt sie: „Die Sendung mit der Maus“ – Kaum zu glauben, dass sie dieses Jahr schon ihren 50. Geburtstag feiert. Noch weniger kann ich es fassen, dass ich schon seit über 35 Jahren Maus-Fan bin. Damals schaute es mein Papa mit mir. Der die Maus auch heute noch liebt. Genauso wie meine Kinder. Das orangene Nagetier verbindet Generationen.

So gehört die Maus bei uns zu einem perfekten Sonntag einfach dazu. Um sie auch in der Woche zu Rate ziehen zu können, wohnt sie bei uns aber auch im Bücherregal.

Komplexe Themen kompakt und verständlich erklärt

Die gebundenen Sachgeschichten der Reihe „Frag doch mal … die Maus!“ erklären in gewohnter Maus-Manier komplexe Themen kompakt und verständlich. Mit vielen Fotos, Grafiken und – natürlich – auch immer wieder der Maus. Das schätze ich auch als Erwachsene noch immer sehr.

Im Band „Sterne und Planeten“ beantwortet die Maus insgesamt 52 Fragen. Zum Beispiel:

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„Der Koffer“ von Chris Naylor-Ballesteros

„Der Koffer“ von Chris Naylor-Ballesteros

„Eines Tages erschien ein seltsames Tier, das staubig, müde, traurig und ängstlich aussah.“ Was verbirgt sich wohl in seinem Koffer? Eine Tasse? Dafür ist der Koffer doch viel zu groß! Dass der Fremde dann auch einen Tisch und Stuhl und Küche im Koffer haben will, das kann ja wohl nicht sein. So groß ist der Koffer nun auch nicht.

Erschöpft schläft das fremde Tier ein. Misstrauisch beäugt von den heimischen Tieren. Argwöhnisch überlegen sie, was zu tun sei. Sie handeln. Brechen den Koffer auf. Aber was sie finden, überrascht sie. Beschämt sie.

Nun, sie machen es wieder gut. Entschuldigen sich. Reparieren, was kaputt ging. Gehen auf den Fremden zu. Und heißen ihn willkommen.

„Der Koffer“ – Kindlich, klar, konkret

Chef (7) und Vizechef (4) waren genauso neugierig, wie die Tiere. Was steckt bloß in dem Koffer? Warum ist der Fremde so müde? Sie verfolgten die Gespräche der Tiere. Erst zweifelnd. Dann ungläubig. Zuletzt entsetzt.

Das geht doch nicht! Oder doch? Nein! Das darf man doch nicht! Die Jungs verstanden nicht, was da vor sich ging. Der Große versteckte sich gar hinter einem Kissen. Und ich schwöre: Ich hörte Steine von Herzen purzeln, als die Tiere sich entschuldigten. Widergutmachung leisteten. Dem Fremden halfen. Alles gut wurde.

Welch Kraft doch in einer so einfachen Bildergeschichte stecken kann! Wie wenig es braucht, um das Richtige zu sagen. Das Wichtige zu zeigen. Ein paar wohl gesetzte Sätze. Präzise platzierte Zeichnungen. Beeindruckend!

Vollkommen zurecht ist „Der Koffer“ für den HUCKEPACK Bilderbuchpreis 2021 nominiert. Dieses wundervolle Bilderbuch thematisiert Fremdenfeindlichkeit und die Angst vor dem Unbekannten kindgerecht klar, unaufgeregt spannend und herzerwärmend direkt.

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„Die wunderbare Welt der Snoozette“ von Valentine Paradis und Caterina Metti

„Die wunderbare Welt der Snoozette“ von Valentine Paradis und Caterina Metti

Snoozette lebt in einer windschiefen Hütte. An einem immer trüben Ort. Passend zum Wetter trinkt sie traurig-düstere Tee-Mischungen. Trainiert Schnell-Schlummern. Dösen, nicken, schlummern – das kann sie überall und immer. Dabei sind ihre Tage fast immer gleich. Bis auf diesen einen Nachmittag, „… an dem Snoozette anfing, quer über den Himmel zu spazieren.“

Mit Snoozette träumen wir uns in den Himmel. Schauen ihr beim Wolken pflücken zu. Wie sie „Eau de Rain“ in kostbare Parfümflaschen füllt. Oder Wolkenzuckerwatte nascht. In einer Teetasse badet. Der Wind sein Spiel mit ihr treibt. Bis es Zeit wird. Für eine frische Tasse Tee. Für das nächste Nickerchen.

Den Kopf in den Wolken

„Die wunderbare Welt der Snoozette“ von Valentine Paradis und Caterina Metti

Während wir die „Die wunderbare Welt der Snoozette“ entdecken, erwacht unsere Fantasie. Je tiefer wir in Snoozettes Traumwelt versinken, desto wacher blicken wir an der Realität vorbei. Flüchten aus unserem doch manchmal tristen, ermüdenden Pandemie-Alltag. Hinein in eine schwerelose Welt. Stecken den Kopf in die Wolken. Lassen uns treiben. Tauchen nur auf, für eine andere Geschichte. Ein weiteres Buch. Eine Tasse Tee. Dank Dir, Snoozette! Denn was kann es zur Zeit besseres geben. Abwarten. Tee trinken. Und träumen!

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„Die Beichte einer Nacht“ von Marianne Philips

„Die Beichte einer Nacht“ von Marianne Philips

„Aber ich rede keinen Unsinn, ich habe noch nie welchen reden können – mag sein, ich bin verrückt, aber Unsinn rede ich nicht…“

Am Anfang des 20. Jahrhunderts wächst Heleen in ärmlichen Verhältnissen auf. Im Schatten eines Turmes. Am Meer. Als Älteste von zehn Kindern eines holländischen Bürgerpaares. Unter der Herrschaft des strengen Vaters. Bei einer fügsamen Mutter, die unter dem harten Alltag keine Kraft für mehr als das Überlebenswichtige hat.

„…was wirklich wichtig ist, das erzählt kein Kind – … man könnte auch nicht drüber sprechen, weil einem die Worte dafür fehlen. Was wirklich wichtig ist, braucht vielleicht nie gesagt zu werden, sonst gäbe es ja Worte dafür.“

Die Beichte des Aufstiegs

Mit 13 Jahren findet Leentje – wie die meisten sie nennen – eine Anstellung im Atelier einer französischen Schneiderin. Doch entkommt sie Ihrem Elternhaus erst mit der Hilfe eines Mannes. Nachdem Heleen den Rest ihrer Unschuld verlor, nutzt sie die Gelegenheit. Überrumpelt von ihrer Macht über den Mann.

Nach anfänglicher Leere ergreift sie ihre Chance endgültig aus dem Elternhaus zu fliehen. Lässt sich eine Anstellung in der Stadt verschaffen. Eine Wohnung. Einen kleinen Wohlstand. Doch sie entwickelt sich. Ist ehrgeizig. Der Geliebte irgendwann ausgeliebt. Die verschaffte Stellung nicht mehr fordernd. Wieder nutzt sie Chancen. Steigt auf. Hat Erfolg. Dennoch ist sie einsam. So einsam!

„Ich war schon sehr einsam – nicht auf die normale Art einsam, … – sondern wirklich und schmerzhaft einsam – so sehr, dass man den Händen an sich herabstreicht, weil man einen Menschen spüren möchte.“

Die Beichte des Falls

Um dieser Einsamkeit zu entkommen, stolpert sie in eine Ehe. Quält sich. Quält ihren Mann. Ihre Ängste vor sich selbst, ihrem Altern, ihrer Verderbtheit wachsen. Die Schlingen ziehen sich immer enger um Heleens Herz. In ihre Seele.

Widererwarten trifft sie dann doch noch das Glück. Ihre große Liebe. Und erlebt nie gekannte Seligkeit. Allein, sie ist nicht von Dauer. Das Drama nimmt seinen Lauf. Schlägt unerbittlich zu.

„…ihr nennt es Schwermut oder irgendeine Phobie, für Euch ist es eine Krankheit, ihr gebt der Krankheit klingende Namen und steckt uns in eine Anstalt mit goldenen Lettern über dem Eingang. Aber wir sind nicht einfach nur krank…Der Anfang lässt sich immer finden; wenn man sich Mühe gibt, findet man heraus, wo und ab wann festgestanden hat, das wir krank werden mussten – sucht danach, und ihr werdet bei jedem finden, dass er irgendwann die falsche Wahl getroffen hat.“

Ich hing an Heleens Lippen

„Die Beichte einer Nacht“ von Marianne Philips

„Die Beichte einer Nacht“ zog mich in ihren Bann. Heleen erzählte mir ihre Geschichte. Dort im Gemeinschaftssaal der Nervenheilanstalt. Irgendwo in den Niederlanden. Irgendwann in den 1920ern.

Ich hing an Heleens Lippen, während sie mir ihr Leben flüsterte. Bahnte mir den Weg durch die Zeit. Durch Schachtelsätze und fremde Worte. Die mich noch tiefer in die Erzählung zogen. Hinab in Dunkelheit und Leid, welche Heleens Seele malträtieren.

Das Nachwort von Judith Belinfante verstärkte den Eindruck noch, den das Werk auf mich ausübte. Die Enkelin der Autorin beleuchtet das Leben und Schaffen ihrer beeindruckenden Großmutter. Die sowohl als Schriftstellerin Aufsehen erregte, als auch politisch aktiv war. In ihren Büchern ging sie auch ihrer eigenen Psyche auf Grund. Was Romane ergab, die der damaligen Zeit vorausgriffen und kritisch beäugt wurden. So wie „Die Beichte einer Nacht“ im Jahr 1930.

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