Daniela Krien: „Muldental“

Daniela Krien: „Muldental“
Daniela Krien: „Muldental“

Marie, Anne, Maren und Bettina, Juliane, Otto, Gunnar, Ludwig, Paul und Eva, Nina, der namenlose Zigarettensammler und Thomas – sie alle verbindet ihre Herkunft. Ihre Heimat im sächsischen Muldental. Ihre Wurzeln liegen allesamt in einem nicht mehr existierendem Land. Dem einen gelingt es besser, sich im neuen Leben nach der Wende zurechtzufinden, den meisten schlechter.

Dabei erzählen die elf Geschichten von Schicksalen. Die Wende war vielleicht Auslöser. Oder nur Geschehen auf dem Weg zum Jetzt. Es geht um Vorurteile, um Missverständnisse, Unterdrückung, Pech, Armut, Verzweiflung, Entscheidungen, Hoffnung, um Liebe und Freiheit.

Es sind erschütternde Einzelschicksale. Geschichten über selbstverursachte Zwangslagen und fremdverschuldete Nöte. Von Menschen, die anpacken und Chancen ergreifen. Dafür belohnt werden – oder auch nicht. Und von Menschen, die den Sinn verloren, die vielleicht nie einen hatten.

Fast schon voyeuristisch

Jede einzelne der locker verwobenen Geschichten berührte mich tief. Daniela Krien schaffte es, mich zu erschüttern und mich zum Schmunzeln zu bringen. Sie trieb mir Tränen in die Augen und gab mir Hoffnung. Ihre kraftvoll, klirrend präzise Sprache vermittelt die Gefühlslage ihrer Protagonisten atemberaubend greifbar. Fast intim.

Das fühlt sich fast schon voyeuristisch an. Ein Blick durch den Vorhang auf persönlichste Geheimnisse der lange nachhallt. Zumindest mich werden die Muldentaler noch eine Weile begleiten.

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Verena Güntner: „Power“

Verena Güntner: „Power“
Verena Güntner: „Power“

Power ist weg! Die Hitschke weiß nicht mehr weiter. Was soll sie bloß ohne ihren über alles geliebten Hund machen? Kerze muss helfen. Und Kerze hilft!

Kerze hilft, „weil sie Kerze ist. Ein Licht in der rabenschwarzen Welt.“ Sie gab sich den Namen selbst. Kerze mag keine Gefühlsduseligkeit. Keine Heuchlerei, keine Ablenkung. Kerze hat keine Angst. Kerze erledigt Aufträge.

Jeder kämpft seinen Kampf

So erledigt sie auch diesen Auftrag. Sie wird Power finden. Sieben Wochen wird sie ihn suchen. Die Kinder des Dorfes bei der Suche vereinen. Die Erwachsenen ausgrenzen. Dabei werden sie und die Kinder verwildern. Werden zum Rudel. Werden Meute.

Doch auch die Erwachsenen versuchen sich zu vereinen. Für den Kampf um ihre Kinder. Für den Kampf gegen die Auslöserin Hitschke. Und die, die kämpft ihren ganz eigenen Kampf.

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Monica M. Vaughan: „K.I. – Freundschaft vorprogrammiert“

Monica M. Vaughan: "K.I. – Freundschaft vorprogrammiert"
„K.I. – Freundschaft vorprogrammiert“

Danny (12) hat keine Freunde. Er geht anderen Kindern lieber aus dem Weg. Stürzt sich in die virtuellen Abenteuer von „Land X“. Doch dann lernt Danny Eric kennen.

Eric ist das absolute Gegenteil von Danny. Er will beliebt sein. Fährt die coolsten Skateboards, trägt immer die neuesten Klamotten und die angesagtesten Schuhe. Wegen dieser Schuhe erhält er von Danny auch seinen Spitznamen: Slick.

Irgendetwas stimmt nicht

Gegensätzlicher könnten die beiden Jungen nicht sein. Dennoch werden sie die besten Freunde. Sie lernen sich auf einer Wohltätigkeitsveranstaltung zugunsten von Slicks toter Schwester kennen. Doch: „In Wirklichkeit hat Slick nie eine tote Schwester gehabt und auch keine lebendige, aber das wusste er damals nicht, genauso wenig wie ich.“

Überhaupt: Irgendetwas stimmt nicht mit Slick. Der Junge nimmt alles ernst, versteht keinerlei Ironie. Und er merkt sich einfach alles; hat ein fotografisches Gedächtnis. Auch scheint er ein Mathe- und Technikgenie zu sein. Und warum muss er bloß jeden Freitag zum Zahnarzt? Als Danny herausfindet, was dahintersteckt, bringt das nicht nur ihre Freundschaft in große Gefahr.

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Laura Ellen Anderson: „Endlich gross, das wär famos!“

Laura Ellen Anderson: "Endlich groß, das wär famos"
„Endlich groß, das wär famos“

„Nein!
Ich möchte nicht klein sein,
das ist so gemein!
Ich mag ganz schnell wachsen,
denn groß will ich sein!“

Übersehen und beleidigt werden, von der Achterbahn nur träumen und die Klamotten des Bruders auftragen – wie doof ist das denn bitte! Im Bilderbuch „Endlich gross, das wär famos!“ erleben wir, wie schrecklich es ist klein zu sein. Hüpfen, auf Stelzen laufen, Gemüse essen, sich selbst einpflanzen und gießen – nix hilft. Im Frust landet Teddy auf einem Baum. Oh je! Doch Rettung naht. Zusammen mit einer neuen, großen Freundin gelingt die Teddy-Bergung. Freunden gelingt eben alles. Egal ob groß oder klein.

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Dadaistische Lautexperimente mit dem Wimmelbuch „Such mich! Wo bin ich?“

Wimmelbuch "Such mich! Wo bin ich?" von Kathrin Wessel und Bernd Penners

Es ist einfach zu niedlich! Mein Vizechef lümmelt auf dem Sofa und betrachtet ernsthaft konzentriert sein neues Bilderbuch. Als ich mich zu ihm geselle, schaut mich der Dreijährige freudestrahlend an. Und stellt mir all seine Entdeckungen vor:

Den bellenden Hund und die fauchende Katze. Den langnasigen Maulwurf und die kletternden Ameisen. Den panischen Regenwurm und das salatmümmelnde Kaninchen. Das köttelnde Schaf und den krähenden Hahn. Die kuschelnden Otter und den baumknabbernden Bieber. Den brütenden Adler und die raufenden Bärenkinder. Die schlafende Eule und die spielenden Tierkinder. Und natürlich Fuchs und Eichhörnchen, die uns in jeder Landschaft begegnen.

Herrlich wuseliges Wimmelbuch

„Such mich! Wo bin ich?“ aus der Edition Piepmatz ist ein herrlich wuseliges Wimmelbuch. Wir entdecken bei unserer Reise durch verschiedene Landschaften die heimische Tierwelt. Dabei finden wir auf den großformatigen Seiten alte Bekannte wie Hund, Katze Maus, Kuh und Schwein. Aber auch seltenere Wesen wie Storch, Widder, Adler oder Dachs. Es gibt unglaublich viel zu entdecken!

Jede Doppelseite widmet sich einem Thema: Park, Wiese, Garten, Bauernhof, Bach, Berge und Wald. Kurze, gereimte Verse von Autor Bernd Penners begleiten die stimmungsvoll-verspielten Bilder von Illustratorin Kathrin Wessel. Erzählen vom Eichhörnchen, dass sein Zuhause sucht.

Mama-Sohn-Moment

Wimmelbuch "Such mich! Wo bin ich?" von Kathrin Wessel und Bernd Penners
„Such mich! Wo bin ich?“

Neben den Versen sehen wir auf jeder Doppelseite fünf rausgepickte Szenen aus dem großen Bild, die uns zum Suchen einladen. Solche Suchvorschläge gibt es in sehr vielen Wimmelbüchern. Anfangs schauten mich meine Jungs mit großen Augen an, wenn ich auf solche Bilder zeigte. Als fragten sie sich: „Ist Mama bekloppt? Sie zeigt doch drauf!“.

Naja, Kinder sind klug. Bald verstanden sie, was ich und das jeweilige Buch von ihnen wollten. Doch auch ich verstand. Inzwischen ignoriere ich diese Suchvorschläge meist. Dafür plaudere einfach so mit meinem Kleinen über die Bilder. Frage ihn: „Hast Du schon den Fuchs entdeckt?“, „Was frisst das Kaninchen denn da?“ oder „Wo sind denn die Köpfe der Enten?“. Auch der Vizechef fragt mich, ob ich seine Entdeckungen finde. Wir beide genießen diese Mama-Vize-Momente sehr.

Künstlerische Frühprägung

„Zirp“, „Muh!“, „Schnüff“, „Bsss“, „Blinzel“, „Wälz“, „Quak“, „Köttel“- lautmalerisch weisen Sprechblasen und Schrift-Elemente auf die Geräuschkulisse hin. Geben Anregung, das Gesehene selbst zu vertonen. Mein Mann meint, dass es zu dadaistischen Lautexperimenten einlädt. Er begrüßt die künstlerische Frühprägung. ?

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Jasmin Schreiber: „Marianengraben“

Jasmin Schreiber: "Marianengraben"
„Marianengraben“

Als Paulas Herz brach schlug es einhundertsechsundfünfzig Mal in der Minute. Paula weiß das, weil sie ihre Pulsuhr trug als ihre Mutter anrief. Als ihre Mutter anrief, um ihr zu sagen, dass ihr kleiner Bruder tot sei. Paula stürzt ins Bodenlose. Dorthin, „wo es kein Licht mehr gibt, keine Farben und kaum noch Sauerstoff“. In den Marianengraben ihrer Seele. Die Psychiaterin attestiert ihr pathologische Traurigkeit. Verschreibt Medikamente und Therapie.

Auch wenn die junge Frau die Therapie nur so mittel findet – der Therapeut inspiriert sie zu einem nächtlichen Friedhofbesuch. Bei dem sie Helmut trifft. Der just dabei ist Helga auszugraben. Nun…ihre Urne. Eins führt zum anderen… Und plötzlich sitzt Paula neben dem kauzigen 83-Jährigen, Schäferhündin Judy und Urnen-Helga in Helmuts Wohnmobil. Auf dem Weg in die Berge, um ein Versprechen zu erfüllen.

Auch mein Herz brach ein wenig

Wow! Einfach wow! Mein Herz schlug zwar nicht einhundertsechsundfünfzig Mal in der Minute als es passierte. Doch auch mein Herz brach ein wenig, als ich Paula begleitete. Jasmin Schreibers Debüt riss bei mir Dämme, aus denen Tränenströme rauschten. Trat Türen ein, hinter denen lebensfrohes Lachen polterte.

Marianengraben“ brachte mich zum Weinen und Lachen, zum Schmunzeln und Kopfschütteln. Und ließ mich nach den letzten Seiten als zerstörtes, glücklich schniefendes Häuflein auf dem Sofa zurück. Die letzten Kapitel heulte ich durchgehend. Und wer mich kennt weiß, dass das die Adelung meiner Lektüre ist.

Ins Leben

Jasmin Schreiber: "Marianengraben"
„Marianengraben“

Ein Buch, dass mich derart berührt, hat alles richtig gemacht! Protagonistin Paula berichtet ihrem kleinen Bruder, wie es ihr geht. Oder eben nicht geht. Weshalb sie sich wie ein leeres Menschenkostüm fühlt, seitdem er fort ist. Sie erzählt ihm davon, dass sie sich schuldig fühlt. Dass sie ihn vermisst. Von all den kleinen Erinnerungen, die immer wieder aufploppen. Von ihrer unendlichen Trauer. Und von Helmut. Seinen Marotten. Seinen Verlusten. Seinem (großen) Herzen. Von ihrer Reise in die Berge. Ihrem Weg nach oben. Nach oben an die Oberfläche. Ins Leben.

Extrem persönlich und unglaublich echt

Schreiber schickt da ein ganz besonderes Paar auf die Straße. Zwei Überlebende. Kaputt, drüber, voller Spleens, auf unterschiedliche Weisen am Ende. Der Ton: Extrem persönlich und unglaublich echt. Aus dem Leben. Ganz nah dran. Die Dialoge knackig. Ein Wechselspiel von tottraurig und zum Schreien witzig.

„Marianengraben“ ist ein Buch über unendliche Liebe und bodenlose Trauer. Ein Appell fürs Durchhalten. Denn am Ende ist es doch so, wenn man liebt: „Dann geht das schon!“

Jasmin Schreiber: "Marianengraben"
Jasmin Schreibers „Marianengraben“ im Aquarium des Kölner Zoos.

Ich danke dem Eichborn Verlag für mein kostenloses Rezensionsexemplar.

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„Sag mal, Herr Professor! 100 neugierige Fragen von Kindern an Professor Robert Winston“

Sag mal, Herr Professor! 100 neugierige Fragen von Kindern an Professor Robert Winston
„Sag mal, Herr Professor! 100 neugierige Fragen von Kindern an Professor Robert Winston“

Professor Robert Winston ist Wissenschaftler, Arzt, Universitätsdirektor und Politiker der Labour Partei. In England ist der fast 80-jährige durch diverse Wissenschaftssendungen, Bücher und Vorträge im House of Lords extrem bekannt und sehr beliebt. Kein Wunder, denn der umtriebige Professor vermittelt Wissen charmant und schelmisch.

Sein Buch „Sag mal, Herr Professor! 100 neugierige Fragen von Kindern an Professor Robert Winston“ enthält Fragen von Kindern aus der ganzen Welt. Fragen aus den Wissensgebieten Chemie, Unser Körper, Physik, Natur, Unsere Erde und Weltraum.

Kompakte Wissenshappen

Sag mal, Herr Professor! 100 neugierige Fragen von Kindern an Professor Robert Winston
Sag mal, Herr Professor! 100 neugierige Fragen von Kindern an Professor Robert Winston

Bunt und mit vielen Bildern, mit Comic-Elementen und verschiedenen Schriftarten kommt das Sachbuch kindgerecht locker daher. Je Frage gibt es kompakte Wissenshappen, die nicht überfordern. Der Professor beantwortet ein bis drei Fragen pro Doppelseite.

Dabei sind die Themen nicht sortiert. Auf die Antwort auf die Frage „Wie viele Atome hat ein Penny“ folgt die Antwort auf „Warum ist Schokolade so lecker?“. Auf „Wie wird Toilettenpapier gemacht“ – „Wieso blinken Sterne“. Und auf „Gibt es Aliens?“ die Antwort auf „Haben Pflanzen Gefühle“. Am Ende des Buches runden ein Glossar und ein Register das Kinderlexikon ab.

Die Vielfalt und Bandbreite der Fragen sind beeindruckend. Dabei absolut authentisch. Genau diese Fragen treiben meinen Sechsjährigen um.

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Kristina Andres: „Maus und Eichhorn – Die große Reise ans Meer“

Kristina Andres: "Maus und Eichhorn – Die große Reise ans Meer"
Kristina Andres: „Maus und Eichhorn – Die große Reise ans Meer“

„Vor ihrer Höhle steht eine Maus,
schnuppert in die Ferne.
Sehen kann sie es nicht. Aber sie weiß, es ist das Meer, das sie riecht.“

Ach, kleine Maus. Was verstehen wir Dich! Meine Ozeansucht befällt mich, sobald ich dem Meer den Rücken kehre. Kaum bin ich Zuhause überfällt mich die Sehnsucht nach salziger Gischt. Nach Blau, das am Horizont an den Himmel stößt. Nach Wellen, die an Stränden knabbern und auf Klippen donnern. Und diese Sehnsucht scheine ich an meine Jungs vererbt zu haben. Den nächsten Urlaub am Meer, den können wir nie erwarten. Aber hier geht es ja um Deine Reise – kleine Maus, also:

Auf ans Meer

Den Duft des Meeres in der Nase, wagt die Maus das Abenteuer. Packt Nüsse und Schirm und Decke in ihren Karren und zieht los. Ans Meer. Ihr Freund das Eichhorn bleibt zurück.

Kristina Andres: "Maus und Eichhorn – Die große Reise ans Meer"
Kristina Andres: „Maus und Eichhorn – Die große Reise ans Meer“

Auf ihrem Weg trifft sie auf eine Schlange, der eine Maus zum Mittag gerade recht käme. Doch die Maus weiß nichts von Schlangen… Sie reisen also eine Weile gemeinsam und unterhalten sich über Freundschaft und Elefanten. Wobei es zu einem – mehr oder weniger beabsichtigten – Missverständnis über die Leibspeise von Schlangen kommt. Nun ja… Die freundliche Maus kommt heil aus der Nummer raus. Und darauf kommt es schließlich an.

Das Eichhorn eilt derweil seinem Freund hinterher und holte ihn ein. Zusammen beenden die beiden die Reise ans Meer. Und zusammen finden sie auch wieder nach Hause. Denn des nachts am Strand steht eine Maus, „schnuppert und lauscht in die Ferne“ und riecht ihren Wald. Ihr Zuhause.

Eine Geschichte vom Mut, Neues zu wagen

Kristina Andres: "Maus und Eichhorn – Die große Reise ans Meer"
Kristina Andres: „Maus und Eichhorn – Die große Reise ans Meer“

Jaja, Zuhause ist es am schönsten. Auch das kennen wir. Wobei die Meersucht bei uns stärker ist und wenn wir könnten wie wir wollten…, aber das ist eine andere Geschichte. ?

„Maus und Eichhorn – Die große Reise ans Meer“ ist eine Geschichte vom Mut, Neues zu wagen. Von Aufbruch und Freundschaft. Davon, dass man nicht jedem trauen sollte. Und davon, wie gut man sich ergänzen kann.

Kristina Andres Kinderbuch erzählt dieses Abenteuer in ruhigen Bildern und klaren Worten. Ihre Illustrationen verbinden Natur und Phantasie vortrefflich; nie überladen und doch reich an zauberhaften Details, die entdeckt werden wollen.

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Karine Surugue: „Meine mutige Piratenmama“

Karine Surugue: "Meine mutige Piratenmama"
Karine Surugue: „Meine mutige Piratenmama“

Meine Mama ist eine mutige Piratin.“ Mit ihrer Mannschaft und dem erfahrenen Piratenkapitän macht sie sich jeden Donnerstag auf die Reise. Sucht die Schatzinsel. Dabei ist die See manches Mal stürmisch und die Seeungeheuer sind gefährlich. Deswegen hat Mama „wie jede echte Piratin“ Narben.

Und auch seekrank wird sie. Dann ist ihr so schlecht, dass sie sich übergeben muss. Nach Piratenart rasierte sie sich ihre Haare ab. Dafür trägt sie nun bunte Seeräubertücher um den Kopf. Doch die ganze Freibeuterei ist sehr anstrengend. Weswegen Mama sehr müde ist und ganz viel schläft. Aber die Suche lohnt! Denn am Ende sind die Seeungeheuer besiegt und die Schatzinsel entdeckt.

Viele Piratinnen

Puh, ich kann mir dieses Bilderbuch nicht ohne Wasser in den Augen anschauen. Was bin ich froh, dass ich diese Reise (bisher) nicht habe antreten müssen. Dass ich Landratte nicht in See stechen musste. Doch Brustkrebs ist nicht selten. Statistisch gesehen muss eine von acht Frauen irgendwann in ihrem Leben gegen das Monster antreten (bei einer hypothetischen Lebensdauer von 80 Jahren). Das sind viele, viele Piratinnen. Und das ist traurig. Doch wenn es eine junge Mutter trifft, fühlt es sich noch schrecklicher an.

„Im Alter von 35 Jahren muss eine von 110 Frauen damit rechnen, innerhalb der nächsten zehn Jahre zu erkranken.“

(Quelle: Deutsches Krebsforschungszentrum)

Wie soll man das bloß den Kindern erklären? Ohne Fachchinesisch und beängstigenden Krankhausbildern? Wie kann man Hoffnung geben? Mit diesem Buch!

Karine Surugue: "Meine mutige Piratenmama"
Karine Surugue: „Meine mutige Piratenmama“

„Meine mutige Piratenmama“ weckt Verständnis dafür, dass Mama gerade neben der Spur läuft – müde ist, Haare verliert, keine Kraft hat. Dabei vermitteln die kindlichen Sätze des Erzählers, dass Mama nicht alleine ist. Dass Ihr geholfen wird. Dass sie super mutig und enorm tapfer ist. Wie stolz der Kleine auf sie ist!

Dieses Buch hilft wahrscheinlich nicht nur Kindern. Es hilft hoffentlich auch jeder Betroffenen zu erkennen, wie heldenhaft sie ist!

Die cleveren Bilder von Illustrator Rémi Saillard unterstreichen die Botschaft gekonnt. Mit starken Farben und Kontrasten vereinen sich in ihnen Krebsalltag und Piratenleben. Untrennbar. Ein und dasselbe.

Biographie und sensibles Aufklärungswerk

Als Ärzte bei der Französin Karine Surugue Brustkrebs im fortgeschrittenen Stadium diagnostizieren, ist sie 43 Jahre alt und Mutter von vier Kindern. Ihr jüngster Sohn damals: Vier Jahre und Piratenfan.

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Sabine Bohlmann: „Ein Mädchen namens Willow“

Sabine Bohlmann: "Ein Mädchen namens Willow"
Sabine Bohlmann: „Ein Mädchen namens Willow“

Wow! Da erbt Willow doch glatt einen Wald von ihrer Großtante. Einen echten, kleinen Wald. Ok, erst findet die Elfjährige das ziemlich öde, doch schnell beginnt sie ihn zu lieben. Und als sie die kleine Hütte entdeckt und herausfindet, was sie neben dem Wald noch geerbt hat, verändert sich ihr Leben für immer.

Denn Willows Großtante war eine Hexe. Neben Wald und Hexenhütte hinterließ sie ihrer Nichte auch ihre Hexenkraft. Doch erst zusammen mit drei weiteren Junghexen soll sich die Macht voll entfalten können.

Willow macht sich auf die Suche nach den anderen Hexenanwärterinnen. Dabei drängt die Zeit. Denn zwei windige Immobilienmakler haben ein Auge auf den Wald des Mädchens geworfen.

Hexenwelt zum Wohlfühlen

Sabine Bohlmann: "Ein Mädchen namens Willow"
Sabine Bohlmann: „Ein Mädchen namens Willow“

Hach, was hätte ich dieses Buch als Kind geliebt. Sofort hätte ich eine Hexenbande gegründet. Im Grünstreifen am Militärring hätten wir Baumhütten gebaut, unsere Kuscheltiere wären magische Begleiter gewesen. Ein altes Buch meiner Oma unser plaudernder Almanach. Wir hätten unseren Wald gegen Stürme, Geier und was sonst so kommen würde wild verteidigt. Und ich wette, dass es Kinder heute noch genauso machen werden.

Sabine Bohlmann („Frau Honig“, „Der kleine Siebenschläfer“) entwirft eine überschaubare, magische Hexenwelt zum Wohlfühlen. Der Wald wirkt freundlich, magische Tierbegleiter beschützen, ein weises Buch gibt Rat. Die Hexenmädchen sind liebenswert, herzenzgut, fröhlich und verspielt. Trotz Superkraft echte, tolle Kinder. Da will man sofort mitmachen. Jedes Mädchen ist besonders, hat Stärken und Schwächen.

So magisch, so stimmungsvoll

Sabine Bohlmann bei einer Lesung ihres Kinderbuches "Der kleine Siebenschläfer"
Sabine Bohlmann bei einer Lesung ihres Kinderbuches „Der kleine Siebenschläfer“

Dabei versteht es Bohlmann auch erwachsenen Vorlesern ein Schmunzeln ins Gesicht zu zaubern. Die Idee der Farinaria (Menschen, die kein Mehl essen um Getreidekörner zu schützen) ist einfach zu absurd. Mir persönlich bereitete die Bieberohrmütze von Junghexe Gretchen große Freude. Erinnerte sie mich doch sehr an die Mützen, welche Bohlmann bei ihren Siebenschläfer-Lesungen trägt.

Die atmosphärischen Illustrationen von Simona Ceccarelli und die abwechslungsreiche Typografie von Silke Langanki verleihen dem Buch etwas ganz besonders Zauberhaftes. Um ehrlich zu sein, war es das wunderschöne Cover, welches mich nicht an „Ein Mädchen namens Willow“ vorbeigehen lies. Es ist so magisch, so stimmungsvoll – märchenhaft!

Warum kann ein Junge keine Hexe sein?

Das Einzige, was ich wirklich, wirklich schade (und unnötig) fand: Warum schließt Willow sofort aus, dass ein Junge eine Hexe sein könnte? Mein Sechsjähriger wäre super gerne Teil der Gruppe. Dass ihm hier quasi die Tür vor der Nase zugeknallt wird, machte mich traurig. Tut mir weh. Mein Mann wurde sogar richtig wütend. Je länger ich drüber nachdenke, desto mehr ärgere ich mich. Jungs werden sich ausgeschlossen fühlen. Kinder bekommen wieder einmal vermittelt, dass es Bereiche gibt, die geschlechtsabhängig sind.

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