„Wer ist Malala Yousafzai“ von Dinah Brown

Das Kinderbuch „Wer ist Malala Yousafzai“ von Dinah Brown auf Efeu liegend

Als kleines Mädchen wollte Malala Ärztin werden. Doch als sie zehn Jahre alt war, begann in Pakistan ein Krieg. Die Taliban übernahmen das Swat-Tal in dem Malala lebte. Und plötzlich durften Mädchen nicht mehr zur Schule gehen. Aber Malala ging weiter in die Schule. Wollte unbedingt lernen.

Außerdem redete sie über das, was geschah. Sprach mit Reportern. Wurde berühmt. Auch die Taliban erfuhren von ihr. Versuchten sie zu töten. Scheiterten. Und Malala kämpft noch heute für die Rechte aller Kinder.

Ins kalte Wasser geworfen

Das alles erfahren wir schon im ersten Kapitel der kindgerecht aufgemachten Biografie. Nachdem die ersten Zeilen jungen Leser*innen viel Identifikationspotenzial bieten, fühlt sich Malala Yousafzai Geschichte direkt nah an. Der Bruch vom normalen Schulkind zum unterdrückten Mädchen fühlt sich unwirklich an. Erst muss sie dieselben schulischen Herausforderungen meistern, wie jedes Schulkind. Dann darf sie plötzlich nichts mehr. Kämpft. Wird zur Heldin. Das ist krass.

In der Einführung ins kalte Wasser geworfen, geht es in den folgenden Kapiteln gemächlicher zu. Wir lernen Malala Yousafzai kennen. Erfahren die Hintergründe. Lesen von der Geschichte ihrer Eltern, ihrem Glauben und ihrer paschtunischen Kultur. Von ihrer Geburt, ihrem Familienleben und ihrem Vater. Der sie förderte. Der sie in seiner Schule lernen ließ. Und der mit einem Fernseher die Welt nach Hause brachte.

Was für ein beeindruckendes Mädchen!

Rückenansicht der Biografie „Wer ist Malala Yousafzai“ von Dinah Brown

Wir erfahren, was der Einzug der Taliban ins Swat-Tal bedeutete. Wie drastisch sich das Leben wandelte. Wie gefährlich es wurde. Nicht nur für Mädchen. Und wir lesen darüber, wie mutig Malala mit Reporten sprach. Davon, dass sie mit gerade elf Jahren einen Blog für die BBC schrieb. Der ganzen Welt berichtete. Berühmt wurde. Davon, dass sich die Zeiten besserten. Dass fast so etwas wie Normalität einkehrte. Bevor ein Taliban Malala ins Gesicht schoss.

Sie überlebte. Verlor nicht ihren Mut. Hielt eine mitreißende Rede vor den Vereinten Nationen. Veröffentlichte ein Buch. Gewann den Friedensnobelpreis.

Die Biografie „Wer ist Malala Yousafzai“ beeindruckt. Klärt auf. Inspiriert. In einfachen Sätzen, deutlich und wiederholend, holt sie das Zielpublikum sehr gut ab.

Zwischendurch erklären Spezialseiten Themen, die angesprochen wurden. Erläutern den Islam; stellen das paschtunische Volk vor. Die Geschichte von Malalas Namenspatronin Malalai von Maiwand. Oder wer Rumi. Mutter Teresa und Mahatma Gandhi waren. Was BBC und Uno sind.

Gerade jetzt kämpfen sie. Wir müssen hinschauen!

Das reichbebilderte Sachbuch richtet sich an Kinder ab acht Jahren. Doch auch ich habe viel gelernt. Malalas Mut und Tatkraft imponieren mir sehr. In dem Wissen, dass noch immer starke Mädchen und Frauen gebraucht werden, empfehle ich dieses Buch von Herzen.

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„Das Wunder von R.“ von Francesca Cavallo und Verena Wugeditsch

„Das Wunder von R.“ von Francesca Cavallo und Verena Wugeditsch

Einen Tag vor Heilig Abend bekommen Manuel, Camila und Shonda einen Brief. Einen Brief vom Weihnachtsmann! Mit der Bitte um Hilfe. Dass die Geschwister und ihre beiden Mamas zusagen, ist Ehrensache.

Auch wenn sie noch ganz neu in R. sind. Noch niemanden kennen. Schließlich flüchteten sie mit ihren Mamas gerade erst aus ihrer Heimat. Weil dort Familien mit zwei Mamas verboten wurden.

Als am Heiligabendmorgen zehn Elfen mit den Geschenken für alle Kinder aus R. in ihrer kleinen Wohnung ankommen, macht die Familie große Augen. Doch die Zeit drängt. Also legen Kinder und Elfen und Mamas los. Über 250.000 Päckchen wollen bis zum Abend verpackt werden. Denn dann kommt der Weihnachtsmann sie abholen.

Die Welt gehört in Kinderhände

Allerdings bleibt das Treiben in der 5. Etage nicht unentdeckt. Da die Bürger von R. allem Fremden und Ungewöhnlichem misstrauen, rufen sie wegen des wachsenden Geschenkeberges auf dem Dach von Haus Nummer 10 im Weg der großen Kamine die Polizei.

Wie gut, dass zumindest die Kinder von R. neugierig, kreativ und offen sind. Und die Regeln der Erwachsenen in Frage stellen. So retten die neuen und alten Kinder aus R. zusammen das Weihnachtsfest.

Unbeschwerte Diversität

„Das Wunder von R.“ von Francesca Cavallo und Verena Wugeditsch

„Das Wunder von R.“ ist ein zauberhaftes Kinderbuch, das gut an ein oder zwei kuschligen Adventsnachmittagen vorgelesen werden kann. Das wichtelige Weihnachtsmärchen erzählt eine kurze, wunderliche Geschichte. Herrlich kindlich-kurios. Dabei liegt der Fokus zwischen den Zeilen in unbeschwerter Diversität.

Die meisten Erwachsenen werden über die beeindruckende Vielfalt im Buch staunen. Im Gegensatz dazu fällt vielen Kindern nichts Besonderes auf. Unterschiedliche Hautfarben, alleinerziehende Eltern, Familien mit zwei Papas oder zwei Mamas – das finden Kinder nicht spektakulär. Das ist normal. Da sollten wir Großen uns echt ein Beispiel nehmen.

Selbstverständliche Vielfältigkeit

So herrscht Vielfältigkeit nicht nur in der Familie Greco-Aiden. Die zahlreichen, ganzseitigen Bilder zeigen, dass bei den Bewohnern von R. alle Hautfarben vertreten sind. Auch bei den Wichteln.

Genauso treten Jungs wie Mädchen gleich stark auf. Auch wenn die Mädels präsenter sind. Der Text thematisiert das alles übrigens nicht. Allein die Illustrationen bilden die herrliche Reichhaltigkeit ab. Ganz selbstverständlich.

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„Zug der Fische“ von Yaroslava Black und Ulrike Jänichen

"Zug der Fische" von Yaroslava Black und Ulrike Jänichen
„Zug der Fische“

Der Fluss fließt durch das ganze Dorf. Es ist Marikas Dorf. Marikas Fluss. Doch heute erkennt sie ihn nicht wieder. Was sind das für seltsame, leuchtend blaue Fische?

Marika lebt bei ihrer Großmutter in den Karpaten. Im Sommer sammelt sie Blaubeeren. Die sie dann in der Stadt verkauft. Verkauft sie zwei Kilo Blaubeeren, kann sie sich Buntstifte kaufen. Verkauft sie fünf Kilo? Harry Potter! Der ist auch ohne Eltern aufgewachsen. So wie sie.

Denn ihre Mama arbeitet weit fort. Sie schickt Marika Briefe. Zwei pro Jahr. Sechs Briefe hat Marika schon. Außerdem schickt Mama noch Geld. Geld, so leuchtend blau wie die Fische, die heute so zahlreich im Fluss schwimmen.

Zu Herzen gehend

„Zug der Fische“ erzählt eine zu Herzen gehende Geschichte. Eine traurige Geschichte. Eine allzu realistische Geschichte. In dem bereichernden Nachwort beleuchtet Osteuropa-Experte Keno Verseck die Hintergründe des Buches. Das Schicksal der sogenannten „Eurowaisen“. Also von Kindern, deren Eltern im wohlhabenderen Ausland arbeiten. Weil es in der Heimat keine Arbeit gibt. Oder das Geld nichts wert ist. Der Journalist fasst das Dilemma der zurückgelassenen Kinder besser zusammen, als ich es könnte:

„Die große Sehnsucht nach den Eltern begleitet sie ständig, sie ist eines ihrer Grundgefühle im Alltag. Gleichzeitig sollen sie ihren Eltern für deren Abwesenheit dankbar sein oder fühlen sich jedenfalls dazu verpflichtet. Denn immerhin arbeiten die Eltern ja auch oder sogar vor allem deshalb im Ausland, weil sie für das materielle Wohl ihrer Kinder sorgen und deren Zukunft sichern wollen.“

„Komm zurück!“

Ich kann die Geschichte nicht lesen ohne feuchte Augen zu bekommen. Wenn wir Marika zu Western Union und beim Blaubeerpflücken begleiten, zerreißt es mein Herz. Wir begleiten sie bei der Busfahrt zum Markt; lesen von ihren Wünschen und den Briefen ihrer Mutter; erfahren von ihrem Leben im kleinen, schindelgedeckten Haus mit der Schlafstelle auf dem lehmverputzten Ofen. Spazieren mit ihr am Fluss entlang. Wo wir andere Kinder treffen. Denen es so geht wie ihr. Die auch ihre Eltern vermissen. Die alle denselben Weihnachtswunsch hegen: „Komm zurück!“

Verspielt naiv und plastisch-realistisch

Illustratorin Ulrike Jänichen malt in schlau gesetzten Buntstiftstrichen eine beklemmende Kinderrealität. Der grobe Buntstift schafft es sowohl verspielt naiv zu wirken als auch plastisch-realistisch.

Mein Liebster (der künstlerisch weit empathischer und gebildeter ist als ich) war ganz aus dem Häuschen. „Siehst Du die Dächer, die sie nicht gemalt hat? Wie sie mit dem negativen Raum umgeht?“ Selten verzückten ihn Kinderbuchbilder so sehr. Den Fluss liebt er besonders: „Es sieht nur nach einfachen, groben Strichen aus. Und dann ergibt es doch eine schimmernde, wabernde Oberfläche.“

Wenn die Jury des Hamburger Bilderbuchpreis nur annährend so begeistert war, ist klar warum Jänichen für diese Illustrationen den Preis erhielt.

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„Jetzt bestimme ich, ich, ich!“ von Juli Zeh und Dunja Schnabel

"Jetzt bestimme ich, ich, ich!" von Juli Zeh und Dunja Schnabel

Anki beschließt an ihrem siebten Geburtstag, dass sie jetzt groß ist. Denn groß sein bedeutet, selbst bestimmen zu können. Tja, wenn Anki bestimmen darf, will ihr kleiner Bruder das auch. Doch Mama und Papa wollen weiterhin sagen, wo es lang geht.

So herrscht bei Familie Wiefel nur noch Streit. Das Vertragen kommt zu kurz. Genauso wie das Abendessen. Zu mehr als Käsebroten fehlt der Familie einfach die Zeit und die Kraft. So kann es nicht weiter gehen.

Also probieren sie verschiedenste Szenarien durch – vom Bestimmer-Karussell über eine „Jeder-bekommt-was-er-will“-Phase bis zur Wahl einer Regierung. Irgendeinen Haken gibt es bei jedem System. Egal ob einfach die Zeit fehlt alle Wünsche zu erfüllen oder man trotz nächtelanger Diskussion keinen gemeinsamen Nenner findet. Am Ende einigen sich die Wiefels auf eine demokratisch gewählte Regierung auf Zeit. Damit machen sie eigentlich ein ganz gutes Geschäft.

Sind wir nicht alle ein bisschen Wiefel?

"Jetzt bestimme ich, ich, ich!" von Juli Zeh und Dunja Schnabel
Rückenansicht

Wir fühlten uns erwischt. Allesamt. Der Chef (7) der Viezechef (3) und ich. Manchmal sieht es bei uns nämlich sehr ähnlich aus wie bei den Wiefels. Bestimmen wollen wir alle gern. Juristin und Bestseller-Autorin Juli Zeh beschreibt in „Jetzt bestimme ich, ich, ich!“ also ganz typisches Familienleben. Mit Augenzwinkern und vielen Käsebroten. Nebenbei vermittelt sie unbeschwert und kindgerecht verschiedene Regierungsansätze und Möglichkeiten des Miteinanders.

Schlau und mit ganz viel Humor zeigt „Jetzt bestimme ich, ich, ich!“ die Tücken von Zusammenleben und Meinungsbildung. Besonders die Folgen der Auslosung von Aufgaben und das Ergebnis der territorialen Herrschaft Einzelner amüsierte meine Kinder sehr. Wer hätte gedacht, dass Politik so viel Spaß machen kann!?

Kinderlebensnah und lustig

"Jetzt bestimme ich, ich, ich!" von Juli Zeh und Dunja Schnabel

Das liegt auch an den lustigen, Kinderlebensnahen, Comic-haften Illustrationen von Dunja Schnabel. Sie fangen die Stimmung der Wiefels ganz wundervoll ein; nehmen die Pointen des Textes großartig auf. Der Dreijährige bleibt wegen dieser Bilder von vorne bis hinten am Ball. Kommentiert die Geschichte, deutet hierhin und dorthin. Klar, er versteht den Hintergrund noch nicht wirklich. Doch wenn Schildkröte Rainer-Maria plötzlich bestimmen darf, versteht auch er, dass da irgendwas schief läuft.

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„Als wir allein waren“ von David A. Robertson und Julie Flett

"Als wir allein waren" von David A. Robertson und Julie Flett

Irgendwo in Kanada fragt ein kleines Mädchen seine Großmutter: „Nókom, warum trägst du so viele Farben? Warum trägst du dein Haar so lang? Warum redest du Cree?“ Neugierig löchert es seine Oma mit all diesen Fragen. Und die Oma erzählt.

Sie erzählt von einer Zeit, als sie und ihre Freunde in der Schule nur eintönige Uniformen tragen durften. Weit weg von zuhause. Von einer Zeit, als ihr die Haare abgeschnitten wurden. Einer Zeit, in der sie ihre Sprache nicht sprechen und ihren Bruder nicht sehen durfte.

„Als wir allein waren“ erzählt von einer Zeit, in der die Kinder der kanadischen Indianer in Residential Schools zwangserzogen wurden. Diese Schulen sollten „den Indianer im Kind töten“. Zugegeben: Dieser Teil internationaler Geschichte war mir bisher vollkommen unbekannt.

Ein dunkles Stück kanadischer Vergangenheit

"Als wir allein waren" von David A. Robertson und Julie Flett
Als wir allein waren

Das Kinderbuch „Als wir allein waren“ beleuchtet dieses dunkle Stück der kanadischen Vergangenheit und fordert auf nachzudenken. Wie fühlt sich jemand, dem die gewohnte Kleidung, die geliebten Haare, die Familie weggenommen wird? Wie fühlt es sich wohl an, all das wieder zu bekommen? Warum tun Menschen einander so etwas an?

David A. Robertson berichtet im Nachwort, dass er „die Geschichte des Residential School-Systems anstelle all derer“ erzählen wollte, die diese Zeit erlebt haben. Die es aber nicht schafften, darüber zu reden. Wie seine eigene Großmutter.

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„Gottfried, der Turborabe – Ennos gefährliche Reise“

Gottfried, der Turborabe – Ennos gefährliche Reise
Gottfried, der Turborabe – Ennos gefährliche Reise

Es gibt Bücher, die ich unbedingt gernhaben will, die ich ganz dringend gut finden möchte. Bücher, die wichtige Themen behandeln, deren Idee ich großartig finde und die ich unterstützen möchte. Solch ein Buch ist „Gottfried, der Turborabe – Ennos gefährliche Reise“ von Christoph Fromm und Finja Skadi Vollbrecht zum Thema Flucht.

Rabe Gottfried Primero liebt Regenwürmer mit Sahne. Er ist ein dreister Dampfplauderer und er fliegt nicht gerne selber. Er saust lieber mit seinem Turbodüsenmotor durch die Gegend. Und mit diesem will er nun auch nach Spanien in den Urlaub fliegen. Zu den Flamingomädchen. „Er steht nämlich total auf langbeinige Flamingos.“

Auf der Suche

Über dem Meer gibt sein Düsenmotor plötzlich den Geist auf. Gottfried landet auf Ennos Rettungsring. Enno ist ein kleiner Junge auf der Flucht. Er floh mit seiner Familie aus Afrika, wo er beinahe verhungert wäre. Er repariert Gottfrieds Turbodüsenmotor und zusammen fliegen sie nach Spanien.

Dort will Enno sofort seine Familie suchen. Seine Mama, sein Papa und seine kleine Schwester. Die saßen nämlich auch im Boot, dass von einer großen Welle überspült wurde. Doch Gottfried möchte sich lieber von den Flamingomädchen die Füße kitzeln lassen… Als Gefahr droht, steht er Enno aber weiter zur Seite. Die beiden stellen sich fiesen Widersachen, schlagen ihnen ein Schnippchen und entkommen. Enno und Gottfried werden dicke Freunde und die Suche nach Ennos Familie geht weiter.

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