„Geschichten aus der Vorstadt des Universums“ von Shaun Tan

Die Kurzgeschichtensammlung „Geschichten aus der Vorstadt des Universums“ von Shaun Tan

Die „Geschichten aus der Vorstadt des Universums“ fanden ihren Weg zu mir, allein wegen ihres Titels. Wie wundersam erschien er mir. Wie verheißungsvoll. Was mich dann aber zwischen den Buchdeckeln erwartete, hätte ich mir nicht träumen lassen.

Die 15 Kurzgeschichten überraschen mit ihrer Vielschichtigkeit. Mit ihrer Vielfältigkeit. Mal eher poetisches Gedicht, mal fast ein Märchen. Egal ob skurrile Groteske, Zeitungsartikel oder beinahe wortlose Graphic Novel. Sie stecken alle voller Geheimnisse. Voller Wunder. Werfen Fragen auf. Geben selten Antworten.

Geist kitzelnde Weltfragmente

Rückenansicht der Kurzgeschichtensammlung „Geschichten aus der Vorstadt des Universums“ von Shaun Tan

Wenn sie Antworten bieten, dann zumindest keine einfachen. Nicht die Erwarteten. Shaun Tans Geschichten verlangen Interpretation. Wollen unseren Geist kitzeln. Uns rauslocken aus unserem Schneckenhaus altbewerter Denkmuster. Dabei sind seine Metaphern voller Humor. Und Schwermut. Seine Bilder enorm vielschichtig. Trotz aller Skurrilität sind seine Erzählungen beklemmend echt. Wirkt die Einsamkeit, das Fremdsein in seinen Weltfragmenten bedrückend wahr.

Ich ließ mir die Sequenzen auf der Zunge zergehen. In meine Gedanken schmelzen. Horchte den Worten lange nach. Nahm mir Zeit. Lass Geschichte für Geschichte. Manche zweimal. Drei Mal. Genoss die Illustrationen. Tauchte ein. Kam manchmal nicht mehr so richtig heraus.

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„Kleines Boot, weites Meer“: Poetische Reime, fantastische Bilder

"Kleines Boot, weites Meer" von Nina Laden und Melissa Castrillon
„Kleines Boot, weites Meer“ von Nina Laden und Melissa Castrillon

Gerade darf ich so viele, absolut wundervolle, künstlerisch wertvolle Bilderbücher entdecken. Jedes für sich einzigartig. Jedes empfehlenswert. Manchmal verliebe ich mich sofort, manchmal entwickelt sich die Liebe erst. Bei „Kleines Boot, weites Meer“ war es Liebe auf den ersten Blick!

Die glänzende Goldprägung, die umarmenden Tentakel von Oktopus und Kalamar, die kleine Nussschale, die auf den Wellenarmen ruht – ein Blick genügte und ich war verzaubert. Und der Zauber hält an.

Wir reisen mit einem kleinen Jungen und seinem Freund durch ein farbenprächtiges Abenteuer. Paddeln durch ruhige Gewässer. Bestaunen fliegende Fische und schwimmende Vögel. Trotzen Sturm und Regen, ‚Windgejammer‘ und Blitzgezucke. Meistern zusammen alle Gefahren; besiegen unsere Angst; finden neue Freunde und den Weg nach Hause.

Rankengewimmel und Fangarmballett

„Kleines Boot, weites Meer“ nimmt uns mit durch wildes Wellengewusel, über wirbelnde Wogen und in wonnesanftes ‚Walgewimmel‘. Rosa, Blau, Ocker – nicht nur die vorherrschenden Farben versetzen mich dabei in die 1960er-Jahre. Es ist eine nostalgisch anmutende Reise. Rankengewimmel und Fangarmballett wirken auf mich fast psychedelisch, traumhaft. Ich verliere mich in ihnen. Tauche ein. Allein schon das Vorsatzpapier könnte ich stundenlang betrachten.

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„Opas Insel“ – eine herzwärmende Geschichte über das Abschiednehmen

Benji Davies: Opas Insel
Benji Davies: Opas Insel

Sams Opa wohnt im Haus am Ende des Gartens. Unter dem Blumentopf liegt immer ein Schlüssel für Sam bereit. Eines Tages findet Sam Opa erst nach langem Suchen. Vom Dachboden aus begeben sich die beiden auf eine Reise zu einer exotischen, weit entfernten Insel. Einer bunten, warmen Insel voller Pflanzen und Tiere. Opa fühlt sich hier sehr wohl. So wohl, dass er gar nicht mehr nach Hause möchte. Sam verabschiedet sich von Opa und fährt mit dem großen Schiff alleine zurück nach Hause.

Opas Insel von Benji Davies liegt mir sehr am Herzen. Das 32-seitige Bilderbuch aus dem Aladin Verlag schafft es, mich immer wieder zu berühren. Während ich diesen Text schreibe habe ich Gänsehaut. Die Geschichte handelt vom dauerhaften Abschied eines geliebten Menschen. Vielleicht wirklich nur wegen eines Umzugs in eine weit entfernte Gegend. Für mich ist die Insel aber ein Gleichnis für den Tod.

Benji Davies: Opas Insel
Benji Davies: Opas Insel

Kindgerecht und ohne religiöse Attitüde vermitteln Text und Bilder, dass es ok ist, wenn jemand Geliebtes fortgeht. Dass man sich keine Sorgen machen muss. Dass es ihm woanders vielleicht sogar besser geht. So braucht Opa auf der Insel zum Beispiel keinen Stock mehr. Es zeigt, dass es in Ordnung ist, den geliebten Menschen zu vermissen. Und, dass er in unseren Erinnerungen immer bei uns bleibt.

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