„Welche Farbe hat mein Tag“ von Carina Lendl

Im April fragte mich eine Autorin aus Oberösterreich, ob ich nicht Lust hätte ihren Kinderkrimi zu lesen. Nach kurzer Recherche war meine Neugier geweckt. Wenige Tage später hielt ich das Buch in den Händen. Und was bin ich froh, ihm eine Chance gegeben zu haben!

Das Jugendbuch „Welche Farbe hat mein Tag“ von Carina Lendl liegt auf einer alten Backsteinmauer

Eigentlich ist alles sehr beschaulich in Kleinrübling. Und eigentlich beginnen Paulas Sommerferien echt gut. Etwas doof ist es schon, dass ihre beste Freundin in der Ferne weilt. Aber auf der Jagd nach dem perfekten Foto für den örtlichen Fotowettbewerb vergeht die Zeit im Fluge. Und dann rettet sie mit ihrem Vater auch noch einen Wellensittich aus des Nachbars Garten. Paula genießt den Sommer.

Wenn da nur nicht ihre garstige Tante Violetta wäre. Welche dem Mädchen Mathenachhilfe gibt. Paula regelmäßig ihre überdüngten und Insektizid verseuchten Tomaten aufnötigt. Galle spuckend nicht nur das Familienklima vergiftet. Deren Geschichte als Dorfdrachen weit in der Vergangenheit wurzelt.

So bekommt die friedliche Dorfidylle bald Risse. Als auf die Villa der Tante ein Anschlag verübt wird, ist für die Polizei schnell klar: Die Nichte wars. Wer steht Paula nun bei? Kann sie ihre Unschuld beweisen? Und was steckt hinter dem Ganzen scheußlichem Durcheinander?

Ferienabenteuer, Familienerzählung und Cosy-Krimi

So viel sei verraten: Am Ende dieser österreichischen Kriminalgeschichte bleiben keine Fragen offen. Carina Lendl schafft in ihrem Debütroman eine enorm dichte Atmosphäre. Formt die anfangs friedliche Dorfidylle nach und nach zu einer unheilvollen, drückenden Szenerie. In der weder Familie noch Freunde Halt geben. Und doch am Ende die Hoffnung, das Gute siegen wird.

„Welche Farbe hat mein Tag“ ist Sommerroman und Familienerzählung, Cosy-Krimi und Ferienabenteuer. Mit kritischem Blick hinterfragt der Roman Dorfromantik und (ländliche) Gesellschaftsstrukturen. Verstört mit der Motivlosigkeit der Violetta‘chen Tyrannenherrschaft und der Willfährigkeit der Polizei. Die zahlreichen, oft schrulligen Charaktere gehen nahe. Sind mal nett, mal grantig. Oft vom Leben gezeichnet. Immer authentisch.

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„Junge mit schwarzem Hahn“ von Stefanie vor Schulte

„Junge mit schwarzem Hahn“ von Stefanie vor Schulte

Seit er drei Jahre alt ist, lebt Martin allein am Rande des Dorfes. Seit sein Vater den Rest seiner Familie abschlachtete. Immer an seiner Seite: Ein schwarzer Hahn. Oder – wie die Dorfbewohner sagen – der Teufel. Doch die Dörfler sind im Allgemeinen nicht die Hellsten. Von daher interessiert den Jungen ihr Geschwätz nicht sonderlich.

„Gott ist überall, und Er ist unendlich. Und etwas von Seiner Unendlichkeit hat er auch in uns gesenkt. Unendlich viel Dummheit zum Beispiel. Unendlich viel Krieg.“ (Seite 15)

Als ein Maler ins Dorf kommt, um das Altarbild der Kirche zu malen, ist dem Elfjährigen schnell klar: Wenn der Maler weiter zieht, geht er mit. Denn er hat eine Aufgabe. Eine Berufung. Es ist sonnenklar. Auch der Hahn weiß von seinem Schicksal. Martin muss den Reiter finden, der Jahr um Jahr Kinder entführt.

„Martin folgt der Stimme des Hahns, die sanft und wohltönend, zugleich eindringlich und unausweichlich ist, als würde ein Gott ihm die Stimme leihen.“ (Seite 51)

Ein Lichtblick in all der Hoffnungslosigkeit

Dem Maler ist’s recht. Unbedingt will er dem schlauen, sanften Jungen helfen. Für ihn leuchtet das Kind. Es ist ein Lichtblick in all der Hoffnungslosigkeit. In all dem Elend. Martin strahlt rein durch alle Dreckschichten hindurch. Erhellt die dunkle Zeit. Blieb durch alle Grausamkeiten mild und voller Mitgefühl. Gäbe alles was er hat, um zu helfen.

„Wie soll das Kind überleben, wie soll die Moral bestehen zwischen diesen selbstgefälligen Männern und den giftigen Frauen?“ (Seite 60)

Dabei ist Martin nicht unschuldig. Nicht im herkömmlichen Sinne. Er weiß mit den Dörflern umzugehen. Genauso mit dem Abschaum, dem er auf seiner Reise begegnen wird.

„Mühsam ist das, immer wieder den gleichen Idioten zu begegnen. Als ob die Welt voll davon wäre, ganz gleich, wohin sich Martin auch wendet.“ (Seite 110)

Heldenreise durch dunkelste Zeiten

Rückentext meiner Leseausgabe des Romans „Junge mit schwarzem Hahn“ von Stefanie vor Schulte

Und doch bleibt sein Herz rein. Sein Verstand klar. Sein Ziel immer vor Augen.

„…und der Maler schreit das Kind an, ob es damit aufhören könnte, ein einziges Kind retten zu wollen, einer Mythe nachzujagen, wo um sie herum nichts als Tod und Elend ist. Alle gilt es zu retten, aber alle sind verloren. Doch Martin denkt anders. Ein gerettetes Leben ist alle Leben.“ (Seite 90)

So geht der Junge seine Heldenreise bis zum bitteren Ende. Watet durch Schlachtfelder und Unwetter, Durch Intrigen und den Egoismus der Menschheit. Wirkt auf jene, denen er begegnet. Weckt hier und da Gewissen. Säht dort den Samen der Aufklärung. Und fährt als Racheengel auf jene hernieder, die eitel, selbstsüchtig und monströs die Welt in Ketten legen.

„Warum muss er finden, was niemand finden will. Warum muss er wissen, dass die Menschen selbst schlimmer sind als alle Dämonen, vor denen sie sich grausen.“ (Seite 116)

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Klassischer Krimi an meinem Sehnsuchtsort

Jean-Luc Bannalec: "Bretonische Verhältnisse"
Jean-Luc Bannalec: „Bretonische Verhältnisse“

Wenn ich vom perfekten Leben träume, dann träume ich von einem alten, restaurierten Hof mit ein, zwei kleinen Nebengebäuden am Atlantik. Im Westen Frankreichs. In der Bretagne. Steile Klippen, traumhafte Sand-, Stein- und Kieselstrände, duftende Kiefern und Pinien. Der würzige Seegeruch, dessen Algen- und Salzaromen auf die schweren, feuchten Auendüfte des Hinterlandes prallen, seltsam wild und harmonisch. Pickelnder Cidre und nach Meer schmeckender Muscadet. Salzige Butter, reichhaltiges Gebäck, Crêpes und Galettes. Die Bretagne ist mein absolutes Sehnsuchtsland. So viele verwunschene Stunden voll des atemberaubenden bretonischen Lichts verbrachte ich die letzten Jahre mit meinem Mann an der Westküste der großen Halbinsel.

Urlaub in der Nähe des Tatorts

So stand denn auch der Krimi Bretonische Verhältnisse sofort auf meiner Lesewunschliste als es erschien. Doch wie es manchmal so ist… Die Jahre – ja, Jahre! – vergingen. Das Buch wartete geduldig. Bis jetzt. Bretonische Verhältnisse begleitete mich in unseren letzten langen, außersaisonalen Familienurlaub bevor die Schulpflicht des Chefs uns an die Hauptsaison bindet. In die Bretagne. Wo ich das Buch endlich verschlang. Und als Bonus die Orte des Geschehens direkt begutachten konnte. Denn der Tatort lag nicht weit von unserem Feriendomizil.

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Oberflächlich, sexistisch, brutal und einfach schlecht geschrieben

Candice Fox: Eden
Candice Fox: Eden

Die australische Schriftstellerin Candice Fox wird als australisches Ausnahmetalent der Kriminal-Literatur gefeiert. Der Debütroman der 1980 geborenen Autorin wurde mit dem Ned Kelly Award in der Kategorie Bester Erstlingsroman ausgezeichnet. Der Nachfolger Eden bekam ebenfalls einen Ned Kelly Award (Auszeichnung für australische oder in Australien lebende Kriminalschriftsteller). Diesmal als bester Roman. Und da tun mir die Australier nun sehr leid. Denn wie schlecht muss es um das Genre in Down Under stehen, wenn dieser Schund den Preis für den besten Roman bekommt? Oberflächlich, sexistisch, brutal und einfach schlecht geschrieben weiterlesen