„Heute war der schönste Tag in meinem Leben. Heute ist Onno gestorben.“
So beginnt das außergewöhnliche Bilderbuch „Ein eiskalter Fisch“. Der titelgebende Fisch ist gestorben. Ist eiskalt. Das macht Papa sehr traurig. So traurig, dass er weint. Dabei ist Gefühlsduselei sonst so gar nicht Papas Art.
„Doch heute hat er sich gefühlt. Und das war überhaupt nicht dusselig.“
Wir haben’s total mit der Gefühlsduselei
Ich wollte das das Buch so sehr lieben. Doch Chef (7) und Vize (4) verstanden überhaupt nicht, was da los war. Wie kann es bitte sein, dass ein Papa sein Kind nicht kuschelt? Dass keine Gefühle gezeigt werden? Da ist der Papa hier ganz anders gestrickt. Der knuddelt und kuschelt und tobt. Der hat’s total mit der Gefühlsduselei. Wenn es dem zu viel wird, dann weint der sogar. Und das ist gut so! Hier fehlte es an Identifikationspotenzial.
Wer da eigentlich gestorben ist, dass wird erst am Ende klar. Zu knobeln und zu raten, dass fanden meine Jungs interessant. Sie begannen bei Onkel Onno, dem Bruder von Papa. Doch schnell war ihnen klar, es geht wohl eher um ein Haustier. Katze? Hund? Kaninchen? Ach, ein Fisch!? Hm, ja klar. Ein Fisch kann auch zur Familie gehören.
„Ein eiskalter Fisch“ – den Kindern gefiel Allegorie
Die Idee, einen geliebten Fisch die Toilette runterzuspülen, erntete dagegen Kopfschütteln. Die Jungs haben viel zu viel „Sendung mit der Maus“ geschaut und viel zu viele Sachbücher gelesen. Die glauben nicht daran, dass der Fisch mit dem Abwasser ins Meer gelangt. „Der wird doch rausgefiltert!“ – „Ja, mein Kind. Da hast Du Recht. Aber der Gedanke ist es doch, der zählt.“ Die Augen, die mich anblickten, sagten: „Hä?“
Nachdem ich ihnen die Redewendung des eiskalten Fisches erklärt und sie auf die Tatsache hinwies, dass tote Fische auch ziemlich kalt sind, fanden sie Titel und Zusammenhang passend. Und ziemlich witzig. Das verstehen durchaus auch schon Vierjährige. Allein hier fehlte die Nachvollziehbarkeit. In unserem Teich schwimmen ausschließlich emotionale Fische.
Der Mann an meiner Seite war indessen betrübt, dass schon wieder der Vater als emotionsverleugnendes Elternteil herhalten muss. Mein Liebster ist an dieser Stelle kampfeswund. Eben alles andere als ein eiskalter Fisch.
Ein kostbares Buch für ältere Kinder und Erwachsene
Aber – wie gesagt – ich wollte das Buch lieben. Ich mochte die Idee so sehr. Trotz aller Einwände meiner Männer, fand ich die Situation lebensnah. Denn mal ehrlich, vielen Erwachsenen fällt es schwer Gefühle zu zeigen. Manch einer ist nicht so der „Kuscheltyp“. Ist ein eiskalter Fisch.
Tatsächlich denke ich, dass dieses kostbare Buch eher etwas für ältere Kinder und Erwachsene ist. Vielleicht gar für Jugend- und Familientherapie geeignet ist. Um das Eis zu brechen. Eigenes Verhalten zu reflektieren. Zu erkennen, wie wichtig es für Kinder ist Gefühle zu erfahren. Zu sehen, dass ihre Eltern auch Menschen sind. Liebende, trauernde, verletzliche Menschen.
Ein wertvoller Schatz – für die richtigen Leser
Für uns Große bietet das Buch noch so viel mehr. Wobei…betroffene Kinder dürften die Hintergründe von Papas Tränen auch erkennen. Denn Onnos Tod ist nicht alles. Da huscht eine Mama aus der Tür. Dort liegt ein umgestürzter Stuhl. Aber: „Mama kommt immer wieder.“
Letztendlich mag ich das Buch wirklich sehr. Doch verstehe ich die Einwände meiner Jungs. „Ein eiskalter Fisch“ ist speziell. Was besonderes. Braucht Raum und die richtigen Leser. Für die das Buch dann ein wertvoller Schatz sein kann.
„Ein eiskalter Fisch“ ist für den HUCKEPACK Bilderbuchpreis 2021 nominiert.
Ich danke dem TYROLIA Verlag für unser kostenloses Rezensionsexemplar.
Titel: Ein eiskalter Fisch
Geschrieben von: Frauke Angel
Illustriert von: Elisabeth Kihßl
Genre: Kinderbuch, Bilderbuch, Bücher für Kindergartenkinder, Bücher für Grundschüler
Themen: Gefühle, Trauer, Familienleben, Familientherapie, Psychologie, Eltern sein
Format: Hardcover, 26 Seiten
Verlag: TYROLIA
Erscheinungstermin: 1. März 2020
ISBN: 978-3-7022-3842-1
Preis: 16,95 €
Altersempfehlung des Verlags: ab 4 Jahren
„Ein eiskalter Fisch“ beim Verlag: Zum Buch
Frauke Angel auf im Netz: Besuch die Autorin
Frauke Angel auf Instagram: @fraukeangel
Elisabeth Kihßl auf Instagram: @elisabethkihssl
Das Kleingedruckte zu den weiterführenden Links:
Mit Klick auf den Link öffnet sich ein neues Fenster. Auf die Inhalte und die Umsetzung der Datenschutzrichtlinien dort, habe ich keinen Einfluss.