James Robertson: „Der Teufel und der Kirchenmann“
Ich gehöre zur bemitleidenswerten Sorte Mensch, die ein Buch nicht weglegen kann, selbst wenn sie merkt, dass es eins der lausigsten, langweiligsten und schlecht geschriebensten Werke ist, die je das Licht der Welt erblicken durften. Bis zur Hälfte denke ich mir: „Hach, vielleicht wird’s noch besser.“ Nach der Hälfte: „Jetzt schaffst Du auch noch den Rest.“
Dabei ist meist klar – hier wird nichts besser, den Rest zu lesen wäre reine Zeitverschwendung. Bei „Der Teufel und der Kirchenmann“ des Schotten James Robertson ereilte mich diese Erkenntnis schon nach den ersten Seiten. Dennoch musste ich es zu Ende lesen. Mein Schicksal soll Euch Warnung sein…
Die Geschichte
Ein alter Freund des Verlegers Patrick Walker spielt ihm ein dickes Manuskript zu: Das Testament des Gideon Mack. Gideon Mack war Pastor der Old Kirk of Scotland, der anscheinend erst verrückt wurde, dann verschwand und nun tot in den schottischen Bergen aufgefunden wurde. Bevor er starb, schrieb er seine Memoiren, die Walker dem geneigten Publikum mit diesem Buch zugänglich macht. So erklärt er im Vorwort.
Bevor er stirbt, schreibt sich Gideon Mack in einer kleinen Frühstückspension seine Lebensgeschichte von der Seele. Er schreibt von seiner tristen Kindheit, vom gestrengen Vater und der unscheinbaren Mutter. Vom Widerwillen, in die Fußstapfen des Vaters zu treten. Davon, dass er es doch tut, obwohl er nicht an Gott glaubt. Davon, dass er immer ein Heuchler war, wie er seine Frau kennenlernte, wie sie starb, und dass er sie eigentlich nie wirklich liebte. Und davon, wie ein seltsamer Stein und der Teufel in sein Leben traten und sich damit alles veränderte.
Meine Kritik
Langeweile ist ein viel zu harmloses Wort. Es beschreibt nicht annähernd, wie einschläfernd dieses Buch ist. Robertson schwafelt. Anders kann ich es nicht ausdrücken. Was fähige Autoren auf 100 Seiten packen, zieht und dehnt und zerkaut er auf über 470. Das ist schon fast eine Kunst und würde mich beeindrucken, wenn ich dazu nach der Lektüre nicht zu lethargisch wäre.
Alltägliche Probleme
Zusätzlich ist das Leben des Protagonisten einfach nur stink langweilig. Gefühlskalte Eltern? Die Ehefrau nicht wirklich geliebt? Als Pastor daran zweifeln, dass es Gott gibt? Das sind alltägliche Sorgen und Nöte. Nichts Besonderes. Gideon Mack ist ein hundsnormaler Spießer, der in seinem testamentarischen Tagebuch rumheult, jammert und arrogant daher faselt. Einen unsympathischeren „Helden“ habe ich noch nie erlebt.
Der deutsche Titel: „Der Teufel und der Kirchenmann“ ist peinlich an den Haaren herbeigezogen. Hört sich einfach reißerischer und viel cooler an als „Das Testament des Gideon Mack“. Weit über zwei Drittel des Buches muss der tapfere Leser überstehen, bevor Mack Gottes Gegenspieler begegnet. Ob nun in Wirklichkeit, ob Traum oder ob er einen bösen Trip fährt, das bleibt offen und ist eigentlich auch vollkommen egal. Wobei…Menschen, die sich ihren Kopf gern über irrelevante Probleme zerbrechen und alles zerphilosophieren müssen, denen könnte das Buch ab da dann vielleicht sogar gefallen.
Unspektakulär und altbacken
Und als ob das alles nicht schon schlimm genug wäre, ist die Übersetzung holprig, sperrig und altbacken. Altbacken passt zur Story und zum Protagonisten – trotzdem nervt es. Ich gewann den Eindruck, der Übersetzer sei kein Muttersprachler. Häufige Flüchtigkeitsfehler zeigten, dass der Verlag offensichtlich auch am Lektorat gespart hat.
„Der Teufel und der Kirchenmann“ ist langweilig, nervend, unspektakulär und altbacken. Anstelle von Schlaftabletten durchaus zu empfehlen, aber das ist ja nicht der Sinn der Sache. Ein fähiger Schriftsteller hätte aus der menschlichen Zerrissenheit und den moralischen Konflikten des Protagonisten bestimmt eine interessante und spannende Psycho-Studie zaubern können. Leider geht jeglicher Ansatz dazu im Geschwafel des Autors unter. Zum Einschlafen!