Dank des amazon-vine-Programms durfte ich mich mal wieder an ein Genre heranlesen, dass ich sonst eher meide: Jugendschnulzen. Als ich Hope Forever der Texanerin Colleen Hoover aufschlug, ging ich davon aus, dass fluffige, kitschige, romantische und wenig aufwühlende Leseabende vor mir liegen würden. Doch der Mädchenroman überraschte mich mit ernsten Themen, berührenden Liebesszenen und weniger plüschigen Schwärmereien als erwartet.
Sky knutscht gerne. Dabei vergisst sie die Welt und fühlt sich herrlich taub. Allerdings empfindet sie nie wirklich etwas. Die Jungs sind ihr schnurz. So küsst sich die 17-Jährige durch den Bekanntenkreis ihrer besten Freundin Six. Denn selbst lernt die Jugendliche kaum Leute kennen. Ihre Mutter adoptierte sie als Kleinkind und unterrichtet sie schon immer zu Hause, wo Internet, Smartphones und Computer im Allgemeinen verpönt sind. Doch zum neuen Schuljahr wird alles anders. Sky überzeugt ihre Mutter, sie auf die Highschool zu schicken. Und dann begegnet sie auch noch dem unglaublich attraktiven Dean Holder. Der schafft, was bisher kein Junge schaffte. In Skys Bauch tanzen Schmetterlinge. Wenn Dean nur nicht so unberechenbar wäre. Und wenn er ihr nicht etwas verheimlichen würde. Sky erinnert sich plötzlich wieder an Dinge aus ihrer Kindheit und ihre Welt wirbelt plötzlich gründlich durcheinander.
In letzter Zeit bemängelte ich häufig, dass gerade Jugendbücher mit großer Schrift und viel freiem Raum zwischen den Zeilen Platz für dicke Bücher zu schinden versuchen. Hope Forever schafft es dagegen auf seinen 528 Seiten nie zu langweilen oder zu strecken. Zwar gehört die erste Hälfte des Romans dem Gesäusel und den Zweifeln einer pubertierenden Göre, die sich verliebt hat. Doch übertreibt es Hoover nicht. Ich konnte Sky immer ernst nehmen. Erinnere mich noch gut daran, wie es mir als Teenie ging. Die eine oder andere Wiederholung hätte sich die Autorin vielleicht sparen können, aber grundsätzlich ist das so schon authentisch.
Die Liebesgeschichte des ersten Teils wandelt sich im zweiten Teil dann in eine (liebesgetränkte) Kriminalgeschichte, die ich nicht mehr beiseite legen konnte. Skys Vergangenheit nahm mich mit. Berührte mich sehr. Genauso wie Skys und Holders Beziehung. Der Plot an sich mag recht gezwungen und voller unrealistischer Zufälle sein. Mich stören solche Begebenheiten nicht. Viel zu oft hat mir das Leben gezeigt, dass es aus unrealistischen Zufällen, Ausnahmen und Seltsamkeiten besteht. Wenn die Realität schon unrealistisch ist, darf es die Fiction in meinen Augen erst recht sein.
Der Deutsche Taschenbuch Verlag empfiehlt das Buch für Leser im Alter zwischen 14 und 17 Jahren. Dem schließe ich mich absolut an. Jung gebliebene, romantisch veranlagte Frauen, die etwa Bücher von Nora Roberts mögen, kommen hier aber auch auf ihre Kosten. Hoover schreibt wesentlich besser, flüssiger, anspruchsvoller und reifer als ich es von so manch einem Kitschroman für’s erwachsene Zielpublikum kenne. Daumen hoch!