Die 13-jährige Finn wächst mit ihren Halbbrüdern bei ihrer Mutter irgendwo im deutschen Nirgendwo auf. Seit vor zwei Jahren ihr ältester Halbbruder Jonte verschwand, gibt es niemanden mehr, der sich um sie kümmert. Sie fühlt sich alleingelassen und Fehl am Platz. Wie ihr verschwundener Bruder sitzt sie nachts oft am alten Bahnhof in Weidenborstel und grübelt. Bis sie eine nebenhafte Gestalt erblickt und sie sich plötzlich auf einem Zug wiederfindet. Einem ganz besonderen Zug: Dem Welten-Express.
Der Welten-Express entpuppt sich als reisendes Internat für Jugendliche. Für Jugendliche, die das Potential in sich tragen, die Welte zu verändern. Der Welten-Express fährt über den Globus und sammelt zukünftige Visionäre, Revoluzzer, Friedensstifter, Herrscher, Heiler und Entdecker ein. In seinen Wagons lernen sie Heldentum und Benehmen. Aber Finn scheint nicht dazuzugehören. Ganz im Gegensatz zu ihrem Bruder, der vor zwei Jahren auch auf diesen Zug gesprungen sein muss. Nur fehlt von ihm jede Spur. Niemand erinnert sich an ihn. Oder doch?
Finn darf zwei Wochen mitreisen. Und diese zwei Wochen nutzt Finn für die Suche nach ihrem Bruder. Sie findet Freunde, entlarvt dunkle Machenschaften und verliebt sich. Sie enthüllt Teile ihrer Vergangenheit und gewinnt Zuversicht für die Zukunft. Und über die erfährt der Leser schon im Herbst diesen Jahres mehr, denn dann soll der zweite Teil der Welten-Express-Trilogie erscheinen.
Ausbaufähig
Mit Der Welten-Express schrieb die Eislebenerin Anca Sturm einen fantastischen Debütroman, der in die (zu) großen Fußstapfen von Harry Potter tritt. Der Welten-Express ist ein Internat für besondere Kinder. Um in dieser Schule lernen zu dürften, braucht man eine Einladung. Das Geschehen passiert in einer Parallelwelt, von der wir normalen Menschen nichts mitbekommen. Der Zug ist magisch, oder besser: Magie-technologisch. Es gibt spezielle Getränke und Süßigkeiten, spezielle Regeln, Institutionen und Gesetze. Der Direktor ist milde, die Lehrer nervig. Die Protagonistin ist nicht die hellste, hat aber schlaue Freunde. Mir stießen die zahlreichen Potter-Parallelen arg auf. Nichtsdestotrotz schuf Sturm eine eigene Welt. Eine Welt, die noch sehr ausbaufähig ist.
Denn es bleibt noch viel offen und Finns Bruder ist noch immer verschwunden. In den Folgebänden kann Sturm ihrer Geschichte eventuell die Tiefe verleihen, die ich bisher vermisse. Die Welt, die Charaktere – alles wirkt unausgegoren und halbgar. Im Welten-Express studierten die wichtigsten Menschen der letzten hundert Jahre und das ganz ohne (wie es scheint) vernünftigen Unterricht. Die Welt außerhalb des Zuges existiert nur an Sonntagen, und dann auch nur für einen kurzen Stopp in irgendeinem Hauptbahnhof. Welch Verschwendung! Alles ist irgendwie magisch und dann doch nicht. Alles scheint möglich, aber nur sehr limitiert. So ganz wurde ich mit der Welt einfach nicht warm. Dennoch würde ich dem zweiten Band eine Chance geben.
Titel: Der Welten-Express
Autorin: Anca Sturm
Gebundenes Buch: 14,99 €
384 Seiten
Verlag: Carlsen
Erscheinungsdatum: 31. August 2018
ISBN: 9783551654113
Empfohlenes Alter: ab 10 Jahren