„Das Meer liebte seine Fische sehr…
Es las ihnen auch jeden Abend eine Gute-Nacht-Geschichte vor.“
Doch wie es eben so ist: Die Fische tobten wild und benahmen sich manches Mal daneben. Das Meer war müde. Wünschte sich Ruhe. Wollte ungestört seinen Gedanken nachhängen. Als die Fische dann mal wieder besonders laut waren, hatte das Meer die Nase voll. Und ging weg.
Erst fanden die Fische das toll. Endlich konnten sie so laut sein, wie sie wollten. Aber am Abend fehlte das Meer, um den Fischen ihre Gute-Nacht-Geschichte vorzulesen. Eine Katze bemerkte ihre Not. Sie bot an vorzulesen. Wenn sie die Fische danach fressen dürfe. Die Fische nahmen gerne an.
„Dumme Fische“
Nun, die Katze las eine wirklich schöne Geschichte vor. Welche die Fische zu Tränen rührte. Ach, was vermissten sie plötzlich ihr Meer. Oh, was weinten sie. Sie weinten und weinten und weinten. Bis die Tränenflut die wasserscheue Katze vertrieb. Bis das Meer zurückgeweint war.
Ich fühlte mich ertappt und verstanden
„Das Meer“ der estländischen Kinderbuch-Autorin Piret Raud gehört zu den Bilderbüchern, die mein Vizechef (6) dieses Jahr bisher am häufigsten zur Hand nahm. Tat ich mich mit den archaisch anmutenden Illustrationen schwer, haben sie es ihm angetan. Lange betrachtet er die schematischen Formen und surrealen Zusammenstellungen. Sieht Welten in ihnen, die mir verschlossen sind.
Bei der Geschichte ist es umgekehrt. Mein Vorschüler mag sie auch, doch sehe ich in ihr wahrscheinlich sehr viel mehr als er. Fühle mich ertappt und verstanden. Genieße Ton und Humor. Und lese sie gerne auch zum 13. Male vor. Um ein wenig Ruhe zu haben.
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