Ich weiß auch nicht, was mich ritt, als ich Stephanie Barts Debütroman Deutscher Meister bestellte. Boxsport kann ich nicht leiden, Berlin interessiert mich nicht die Bohne und bezüglich nationalsozialistischer Thematik fühle ich mich reichlich übersättigt. Trotz allem, irgendetwas an der Beschreibung sprach mich an. Im Nachhinein kann ich das nicht mehr nachvollziehen.
Die Handlung ist schnell erzählt: Mitte 1933 bekommt Publikumsliebling Rukelie Trollmann seine Chance auf den Deutschen Boxtitel. Als Sinti ist er den Verantwortlichen aber eigentlich ein genauso großer Dorn im Auge, wie die vom Sport ausgeschlossenen Juden. Deutscher Meister erzählt auf 384 Seiten von Trollmanns Träumen, vom Werdegang anderer Boxer, von den Ambitionen des ehrgeizigen Vorsitzenden, vom erstarkenden arischen Gedankengut, vom Leben kleiner Leute aus den lebendigen Straßen und Lokalen Berlins.
Bart schreibt dabei ohne Zweifel hervorragend. Ihr Kniff, wie mit einer Kamera Momente der zahlreichen verschiedenen Charakter einzufangen, den Blick scheinbar zufällig von einem zum anderen zu schwenken, wenn sich die Wege der Menschen kreuzen, beeindruckte mich. Nur leider empfand ich gerade den abrupten „Einstellungswechsel“ und die Menge an Charakteren als anstrengend, die Detailverliebtheit als ermüdend. Nach einem langen Tag mit Kleinkind und Job ist mir das einfach zu anspruchsvoll.
Mit Deutscher Meister schrieb die Wahlberlinerin Stephanie Bart durchaus anspruchsvolle, hervorragend recherchierte Literatur, die mich aber leider nicht berühren konnte sondern anstrengte und ermüdete. Ich wurde einfach nicht warm mit diesem Buch. Weder mit den detaillierten Schilderungen der Boxkämpfe, noch mit Barts sprunghaftem Schreibstil und erst recht nicht mit den ausufernden Beschreibungen des damaligen Berlins oder der peniblen Darstellung der Gedanken von Funktionären und Nazis. Für Box-Fans, Geschichtsinteressierte und Berlinfreunde, die gerne wirklich gut geschriebene Bücher mögen, könnte es aber genau das richtige Buch sein.