Ich mag schöne Bilderbücher und Robert sagt Nein! vom Kerle Verlag (Herder) wirkt auf den ersten Blick wie ein sehr schönes Bilderbuch.
Schon vom Titelbild des recht großformatigen, 32-seitigen Buches aus ruft uns das kleine Nashorn Robert ein trotziges NEIN! entgegen. Ein NEIN! wie es so viele Kleinkinder gerne rausschreien, wenn sie in ihrer Trotzphase ihre Grenzen austesten.
Auf den ersten Seiten lernen wir den fröhlichen, bezaubernden, süßen Kleinrobert dann kennen. Alle lieben ihn. Bis, ja bis er ein neues Wort entdeckt: NEIN!. Nun, Robert probiert das neue Wort nach Herzenslust aus. Wendet es in allen Lebenslagen an. Und bleibt irgendwann alleine im Regen sitzen. Denn wer immer NEIN! schreit, denn hat doch keiner mehr lieb, oder? Nun ja, Papa nimmt den Trotzkopf dennoch liebend und tröstend in die Arme. Und – tada! – als ihn nun ein Freund danach fragt, ob er spielen mag, schreit Robert ihm sein neues Lieblingswort entgegen: JA! Und fortan hüpften sie glücklich durch die Pfützen.
An sich hatte Tracey Corderoy da ja eine sehr nette Idee. Welch Familie leidet nicht, wenn der fröhliche, bezaubernde, süße 18-monatige Wonneproppen plötzlich dieses NEIN! für sich entdeckt und sich in einen wütenden Trotzkopf verwandelt. Manchmal früher, manchmal später entdeckt jedes Kleinkind, dass es einen eigenen Kopf hat. Und dann: Oh weh! Und früher oder später entdeckt auch jedes Kind, dass so ein NEIN! auch negative Folgen hat. Oder es wird ihm einfach langweilig. Oder diese Phase endet aus anderen Gründen, die sich mir als Nicht-Pädagogin nicht erschließen. Jedenfalls geht sie vorbei. Ein Buch, dass zeigt, welche Folgen ein Nein haben kann, dürfte ein Kind in dieser Phase kaum vom Schmollen abhalten.
Unabhängig davon empfinde ich die Botschaft des Buches als recht fragwürdig. Es ist ja absolut nicht immer falsch NEIN! zu sagen. Manches Mal ist es sogar absolut notwendig und vernünftig, kann gar Leben retten. Genauso wenig sollte man das Wörtchen JA! inflationär verwenden. Eine Gesellschaft voller Ja-Sager – ein Graus! Vielmehr sollten wir unseren Kindern einen reflektierten Umgang mit diesen Wörtern beibringen. Daran scheitert Corderoy aber vollkommen. Mit dem NEIN! war Robert allein. Mit dem JA! sind alle wieder da. Vielleicht folgt ja der zweite Teil Robert sagt JA! in dem dann die Schattenseiten des Ja-sagens aufgezeichnet werden. Doch wage ich das zu bezweifeln, obwohl…die britische Grundschullehrerin veröffentlichte zwischen 2010 und 2013 fast 40 Bücher. Überwiegend Bilderbücher, aber auch Romane für Kinder und Jugendliche. Da kann sie doch flott noch einen Nachfolger auf den Markt bringen…
Was mich auch störte: Weder Nashorn-Papa noch Flamingo-Erzieherin fragen im Laufe der Geschichte mal danach, warum Robert NEIN! schreit. Ok, die Erfahrung zeigt, dass Kinder in der Trotzphase das oft selbst nicht wissen bzw. artikulieren können. Dennoch sollten Erwachsene doch TROTZdem nachfragen und sich kümmern.
Trotz der zweifelhaften Moral muss ich dem Buch die wirklich schönen Illustrationen von Tim Warnes zu Gute halten. Robert ist wirklich niedlich und in den Bildern gibt es reichlich zu entdecken. Das macht schon Spaß.
Als Fazit bleibt aber leider ein übler Nachgeschmack.