Diesmal waren es die Punkte. Die orangefarbenen Punkte auf dem Cover von Einfach unvergesslich verführten mich. Ihnen konnte ich nicht widerstehen. Und so landete der 416-seitige Roman der Britin Rowan Coleman auf meinem Nachttisch. Die Übersetzung des Originaltitels The Memory Book wäre mal wieder passender gewesen, als die unpräzise und weichgespülte deutsche Variante.
Protagonistin Claire bekommt nämlich ein solches Erinnerungsbuch von ihrem Mann geschenkt. Ihre Therapeutin hatte ihr empfohlen ihre Erinnerungen festzuhalten so lange sie kann. Und das wird nicht mehr lange sein. Denn die Anfang 40-Jährige hat Alzheimer. Frühmanifestiert und fortgeschritten.
Immer weiter und schneller entfernt sie sich von ihrem Leben, ihrer Familie, ihrer Persönlichkeit. Erst vor wenigen Jahren gefunden, ist ihre große Liebe Greg der erste, der ihrem Bewusstsein entschwindet. Immer öfter verwechselt sie ihre 20-jährige Tochter Caitlin mit einer alten Freundin; immer öfter stellt sie eine Gefahr für ihre Dreijährige Nachzüglerin dar.
Nun füllen Claire, Greg, Caitlin und Claires Mutter Ruth das Erinnerungsbuch mit alten und neuen Erinnerungen. Mit Dingen, die noch gesagt werden müssen. Mit Dingen, die sie bereuen, die sie stolz machen, die sie klären und/oder festhalten wollen.
Rowan lässt die Charaktere ihres Romans einzeln zu Wort kommen. Sie lässt sie Kapitel des Erinnerungsbuches verfassen uns dazwischen berichten, was sie aktuell erleben und fühlen. Claires und Caitlins Eindrücke stehen im Mittelpunkt, doch auch Ruth hat einiges zu sagen. So zeichnet Rowan ein umfassendes, intensives Bild des familiären Mikrokosmos in dem es natürlich um den Verlauf und das Drama der Krankheit geht, mehr noch aber um zwischenmenschliche Beziehungen, um Fehler und wie man damit umgeht und darum, was wichtig ist, was bleibt.
Einfach unvergesslich ging mir nahe, ging mir ans Herz. Es machte mich traurig. Aber auch glücklich. Es vermittelt eine absolut lebensbejahende Botschaft, die mich mit Tränen in den Augen lächelnd einschlafen ließ. Das Ende mag (temporär) ein wenig zu rosa gefärbt sein, aber der Himmel leuchtet im Winter auch am häufigsten rosarot.