Manchmal mag ich die taumelnd-leichte Melancholie französisch-sprachiger Autoren. Und wenn ich ältere Herrschaften sehe, die Händchen haltend und verliebt durch die Straßen gehen, bekomme ich umgehend feuchte Augen. Damit hatte der zweite Roman der Brüsselerin Karine Lambert grundsätzlich gute Karten bei mir. Dennoch schaffte Und jetzt lass uns tanzen nicht, mich zu packen.
Die 78 Jahre alte Marguerite war ihr ganzes Leben lang mit einem autoritären Notar verheiratet. Sie richtete ihr Leben, ihr Streben, ihr Handeln ganz nach ihrem Mann aus, richtete sich in allem nach ihm. Nach dem Tod ihres Mannes entdeckt sie langsam, wer sie ist und was in ihr steckt. Doch erst der 73-jährige Marcel zeigt ihr, was im Alter noch möglich ist. Der leidenschaftliche Witwer küsst das grauhaarige Dornröschen endlich wach.
Die Protagonisten sind liebenswert, ihre Geschichte herzerwärmend. Wenn ich mir meine Zusammenfassung so durchlese, frage ich mich, warum mich das Buch nicht begeistern konnte. Größtenteils lag es wohl an den dummen, platten, eindimensionalen Nebencharakteren, die viel zu selten vorkamen und denen doch zu große Bedeutung gegeben wurde. Der unsensible, kontrollsüchtige Sohn von Marguerite und seine farblose Frau. Der eigentlich freudestiftende Enkel, der mir fernblieb. Die optimistische Tochter von Marcel, der zu wenig Raum gegeben wurde. Mich störten diese Eindringlinge. Gerne hätte ich mich auf die beiden Verliebten konzentriert. Ihr Gefühlschaos, ihre Entwicklung gibt so viel her. In den Momenten, in denen es nur um sie geht, bezauberte mich Und jetzt lass uns tanzen. Doch leider verliert sich die Erzählung nach einem sensiblen Anfang in Banalitäten, Vorurteilen und Platituden. Wie schade!
Dennoch: Und jetzt lass uns tanzen gibt Hoffnung auf eine Liebe im Alter. Eine neue Liebe, eine erste Liebe; auf frische Gedanken und tiefe Gefühle.