Die 32 schwarz-weißen Fotokarten „Gefühle: Für Kindergarten, Schule, Elternbildung und Teamarbeit“ von Sandra Irmler und Jeanette Boetius sollen der „emotionalen Erziehung“ dienen. Das heißt, Kinder (und Erwachsene) sollen daran lernen Gefühle zu deuten und Mimik zu lesen; sich selbst und ihr Gegenüber besser zu verstehen.
Die Gesichtsausdrücke auf den Fotos wurden von verschiedenen Kindern (und mir) nicht immer passend zum dafür verantwortlichen Gefühl gewertet. So wurde z.B. Neugier als Schock, Interesse als Rumalbern, Stärke als Aggression und Enttäuschung als Arroganz gedeutet.
Laut der beiliegenden Infokarten sind die Fotos über viele Jahre, in intensiven Gesprächen und Sitzungen mit den fotografierten Kindern entstanden. Die Kinder hätten bei den Gesprächen genau das Gefühl empfunden, dass auf der Karte zu sehen sei. Das unterschiedliche Menschen unterschiedliche Gefühle in die Gesichtsausdrücke hineininterpretieren, sei normal und für Diskussionen über die Wahrnehmung durchaus gewollt. Nun ja. Das mag im Grunde ja so stimmen, dennoch: Ich empfinde einige Karten als arg überzogen, overacted und dadurch unpassend. Gerade, wenn man doch eigentlich das Feingefühl für Mimik und Gefühlswelt schulen möchte…
Auf der Rückseite der Karte steht jeweils ein Zitat zum Gefühl. Etwa: „Zorn ist die Voraussetzung für den Mut“ (Thomas von Aquin) oder „Der Mensch ist für die Freude geboren“ (Blaise Pascal). Außerdem gibt es zwei Blöcke mit Fragen zum Gefühl – einmal für Kinder und einmal für Erwachsene. Ich finde: Sowohl Zitat als auch Fragen sind sehr gute Anregungen für Diskussionen über das jeweilige Gefühl.
Beispiele für die Fragen für Kinder: „Kann man spielen, wenn man Verzweifelt ist?“, „Ist es Tieren langweilig?“, „Kann man Erleichterung tanzen?“.
Beispiele für die Fragen für Erwachsene: „Was ist das Gegenteil von Verzweiflung?“, „Ist Langeweile unproduktiv?“, „Macht Erleichterung müde?“.
Foto- und Kartenqualität sind einwandfrei. Die Karten halten das ein oder andere Durchreichen in Kindergruppen ohne Probleme aus. Die Faltmappe ist eine einfache, gute Aufbewahrungsmöglichkeit. Die beiden Informationskarten sind eine sinnvolle und interessante Ergänzung und Hilfe.
Ein großer Kritikpunkt ist aber, dass wirklich nur hellhäutige Kinder auf den Fotos zu sehen sind. Das ist beschämend. In unserem Kindergarten mitten in Köln sind Kinder aus fast zwei Dutzend verschiedenen Ländern mit den unterschiedlichsten Hautfarben. Da wünsche ich mir pädagogisches Material, welches die Realität wiederspiegelt, Identifikationsmöglichkeit für alle bietet und das Zusammenleben stärkt und fördert.