Ein absolutes Highlight meines Messe-Freitags war die Veranstaltung "Kinder- oder JugendbuchautorIn werden" der Akademie für Autoren. Akademie-Gründerin Maria Koettnitz interviewte die erfolgereiche Kinder- und Jugendbuchautorin Claudia Schreiber.
Sehr lebendig, authentisch und nahbar erzählte Claudia Schreiber über ihre Erfahrungen. Und die Wahlkölnerin hat viel zu erzählen. Als sie in den 90ern als Journalistin in Moskau lebte, schrieb sie ihr erstes Kinderbuch „Sultan und Kotzbrocken“. Sie schickte ihr Manuskript an genau einen Verlag. Weil sie diesen toll fand. Dann passierte nichts. Bis sich der Verlag nach drei Jahren bei ihr meldete. Er würde ihr Buch gerne veröffentlichen. Verrückt! Seitdem ist sie im Hanser-Verlag zu Hause und neben den zwei „Sultan und Kotzbrocken“-Büchern veröffentlichte Schreiber mittlerweile mehrere Kinder- und Jugendbücher. Ihr letzter Jugendroman mit Bestseller-Potential („Solo für Clara“) ist gerade erschienen. Ein richtiges Autorenmärchen.
Für die angehenden Autoren im Publikum hatte Claudia Schreiber einige spannende Ratschläge parat. So käme das Wort Kotzbrocken bei Erwachsenen zwar manchmal nicht so gut an, Kinder hätten damit aber gar kein Problem. Kotzbrocken, Popo und Mist – für Kinder ein Heidenspaß! Ein paar Kraftausdrücke einbauen, scheint aber keine sichere Bank. Als studierte Pädagogin wisse sie zwar grundsätzlich, wie Kinder funktionieren, das würde beim Schreiben aber nichts nutzen. Das Schreiben eines Kinderbuches sei schwerer als das Schreiben von Büchern für Erwachsene. Das Publikum sei kritischer. Wenn die Geschichte nicht packt, zeigen Kinder es direkt. Sowieso gälte: Das Manuskript sollte immer wieder am Zielpublikum getestet werden. Also Kinder schnappen und vorlesen, vorlesen, vorlesen. Bis sie begeistert sind. Erst dann ist die Geschichte reif für einen Verlag.
Während des Vorlesens erkennt man: „Was macht den Effekt.“ Das Meiste andere kann weg. „Die wichtigste Aufgabe des Autors ist es wegzulassen. Das Wichtigste ist das, was wir nicht geschrieben haben. Und das Verwerfen.“ Wenn etwas nicht richtig gut ist – weg damit. 80 Prozent würde sie verwerfen. (Ein leichtes Raunen geht durch das Publikum.) „Ich stelle mir vor, ich bin ein Bildhauer und hacke an dem Teil herum bis…“
Besonders wichtig für den Erfolg sei aber zunächst, sich selbst kennenzulernen. „Du musst so schreiben, wie Du bist! Und man darf sich nicht schämen. Muss schamlos sein. Man muss ganz nah an eine Seele heran. Alles schreiben, was möglich ist. Sie machen Ihre Seele auf, es ist so persönlich. Beim Buch mache ich mich auf.“ Das ist intim. Da darf man sich nicht schämen. Da darf einem nichts peinlich sein. Da darf man nichts verstecken.
Dennoch solle man nicht mit einer Biographie anfangen (laut Branchen-Kennerin Koettnitz macht das die Mehrheit der Debüt-Schreiber). Das sei auch zu schwierig für den Anfang, meint Schreiber. „Sie können nutzen, was Sie erlebt haben, aber Sie müssen es in Literatur verwandeln.“ Auf die Frage, ob man sein Manuskript an möglichst viele Verlage schicken solle, verneinten Autorin und Verlagsexpertin einstimmig. Schreiber: „Sie müssen sich den Verlag aussuchen. Der ist wie eine Familie. Sie müssen ihn sehr genau kennen und sich bei ihm wohl fühlen.“ Man solle nicht streuen, sondern überlegt auswählen. Schicke man seine Bücher an viele Verlage, eventuell auch mehrfach, entwerte man unter Umständen sogar seinen Namen.
Interessant: Die eingereichten Manuskripte sollten keine Illustrationen enthalten. Die Verlage schauen selber, welche Illustratoren zur Geschichte passen und bringen Text und Bilder zusammen.
Wenn das Buch dann einmal veröffentlich ist, sind Lesungen eine der wichtigsten Einnahmequellen für Autoren, verrät Schreiber. „Man muss das Publikum für sich gewinnen.“ Schreiber empfiehlt eindringlich sich darauf vorzubereiten. Die Stimme auszubilden und das Publikum fesseln zu können. Diese Kunst beherrscht Claudia Schreiber perfekt. Ich hätte ihr noch stundenlang zuhören können. Vielen Dank für diesen wirklich spritzigen, witzigen und sehr lehrreichen Vortrag.
Claudia Schreiber studierte Pädagogik, war Redakteurin, Reporterin und Moderatorin. Beim Aufbau der Kinder-Nachrichtensendung „logo!“ lernte sie, schwierige Themen kindgerecht umzusetzen.
Hier gehts zu ihrem Autorenprofil bei Hanser.
Maria Koettnitz studierte Germanistik, Philosophie und Pädagogik, war Lexikonredakteurin, Herausgeberin, Lektorin, Programmleiterin und Verlagsleiterin. 2011 gründete sie zusammen mit Bruno C. Back die Akademie für Autoren in der sie professionelles Wissen an Autoren vermittelt.